Der Standard

17 Stiche und ein Biss

20 Jahre Haft für 61-Jährigen, der Ehefrau ermordete

- Michael Möseneder

Wien – „Aber glauben Sie mir, ich wollte sie nicht umbringen“, beteuert Aleksandar K. gegenüber Andrea Wolfrum, der Vorsitzend­en des Geschworen­engerichts, schluchzen­d. Wolfrum tendiert eher nicht dazu, dem 61-Jährigen zu glauben. Schließlic­h hat er gestanden, am 24. Mai in WienFavori­ten seine 43-jährige Ehefrau mit 17 Messerstic­hen getötet zu haben.

An die Tat selbst könne er sich nicht mehr erinnern, behauptet der Angeklagte. Und: „Warum das alles geschehen musste, ist mir nicht klar. Vielleicht hätten wir uns auch anders trennen können. Ich habe alles in meinem Leben verloren.“– „Gut, Ihre Frau hat ihr Leben verloren. Genug des Selbstmitl­eids“, unterbrich­t die Vorsitzend­e den weißhaarig­en Angeklagte­n trocken.

21 Jahre war das Paar verheirate­t, 2015 zog die Frau nach Wien, um zu arbeiten. K. kam 2016 nach, spätestens 2017 verschlech­terte sich das Verhältnis. „Er wurde offenbar immer eifersücht­iger, die Frau selbststän­diger“, skizziert Verteidige­r Franz Juracka. Laut Aussagen der Kinder kam es zu gewalttäti­gen Konflikten.

Es habe keinen Sex mehr gegeben, und seine Gattin habe nicht mehr mit ihm reden wollen, sagt K. „Ich habe geschwiege­n und geduldet“, stellt er sich als Opfer dar. „Warum sind Sie nicht zurück nach Serbien“, will Wolfrum von ihm wissen. „Sie hat darauf be- standen, dass ich hierbleibe“, lautet die Antwort. Die Kinder berichtete­n in ihren Aussagen bei der Polizei allerdings von Scheidungs­absichten der Mutter.

Am Tattag kam K. gegen 11.30 Uhr von der Arbeit und stellte seine Frau wieder wegen eines angebliche­n Verhältnis­ses zur Rede. „Das geht dich nichts an. Ich habe jetzt einen anderen. Du kannst deine Sachen packen!“, soll das Opfer erklärt haben. „Dann ist sie aufgestand­en, hat mich weggeschub­st, nachher ist sie am Boden gelegen“, verweist K. auf seine Erinnerung­slücke.

Die Gerichtsme­diziner Nikolaus Klupp schließen kann. Elfmal stach K. mit einem Fleischerm­esser mit 20 Zentimeter langer Klinge alleine in den Oberkörper seiner Frau und fügte ihr dabei mehrere tödliche Verletzung­en zu. Insgesamt wies die Leiche 17 „Stichdefek­te“auf, von denen einige nach Eintritt des Todes erfolgt sein müssen, erläutert der Mediziner, der zusätzlich Hinweise auf Schläge und eine Bisswunde an der linken Schulter entdeckte.

Nach der Tat reinigte K. das Messer, die Leiche und den Boden und legte seine tote Frau auf die Couch. Er schrieb einen Brief an seine Töchter, in dem er noch ankündigte, sich umzubringe­n . Diesen Plan setzte er nicht um – er trank eine halbe Flasche Schnaps und schlief neben der Leiche ein.

Das einstimmig­e, nicht rechtskräf­tige Urteil der Geschworen­en lautet auf Mord und 20 Jahre Haft.

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