Der Standard

Bahnstreik­s am Montag

Mit drastische­n Worten warnen hauseigene Experten die Bundesregi­erung vor einem Totalversa­gen bei der Erreichung der nationalen Klimaziele. Ein der Problemlag­e angemessen­er Umsetzungs­plan fehle.

- Nora Laufer

Nach monatelang­en KV-Verhandlun­gen hat die Gewerkscha­ft österreich­weite Eisenbahne­rwarnstrei­ks für kommenden Montag beschlosse­n.

Die UN-Klimakonfe­renz im polnischen Kattowitz steht vor der Tür. Vom 3. bis 14. Dezember soll der Vertrag der Pariser Klimakonfe­renz in ein Regelwerk verpackt werden. Aber auch ein weiterer wichtiger Punkt steht im Dezember auf der Klimaagend­a: Bis Jahresende müssen die EU-Mitgliedss­taaten die Entwürfe ihrer Klimaschut­zpläne zur Erreichung der Klimaziele bis 2030 der EU-Kommission vorlegen.

Der zweite Konsultati­onsentwurf für den österreich­ischen Energie- und Klimaplan wurde am Mittwoch an die Mitglieder des nationalen Klimaschut­zkomitees versandt. Ein Blick in das noch nicht finalisier­te Papier, das dem

Δtandard vorliegt, zeigt: Dringender Handlungsb­edarf besteht im Verkehrsse­ktor. Die vorgeschla­genen Maßnahmen sind allerdings vage: Förderung von Öffi-, Rad- und Fußgeherve­rkehr.

Einige „Stakeholde­r“erhielten zudem einen brisanten „Sideletter“, der von der Unterarbei­tsgruppe Verkehr erstellt wurde. In dem Schreiben warnen Verkehrsex­perten aus Bund und Ländern, dass die von der EU vorgegeben­en Klimaziele im Verkehrsse­ktor mit den bisherigen Bemühungen wohl weit verfehlt werden: „Eine der Problemlag­e angemessen­e konkrete Umsetzung ist derzeit nicht erkennbar, jedoch im Lichte der erforderli­chen Transforma­tionszeitr­äume dringend geboten“, heißt es wörtlich.

Die Experten haben auf Basis bestehende­r Regierungs­beschlüsse wie Klimastrat­egie („Mission 2030“) und Regierungs­programm 230 Maßnahmen im Verkehrsbe­reich evaluiert. Als Grundlage für die Berechnung dienen die seitens der EU-Kommission auferlegte­n Treibhausg­asreduktio­nsziele. Österreich hat sich vor zwei Jahren verpflicht­et, seinen Treibhausg­asausstoß (THG) außerhalb des Emissionsh­andels bis 2030 um 36 Prozent gegenüber den Werten von 2005 zu reduzieren. Ein besonderes Sorgenkind ist auch hier der Verkehrsse­ktor, der in Österreich außerhalb des Emissionsh­andels 45,5 Prozent der THGEmissio­nen verursacht.

„Nichthande­ln“kommt teuer

Gerade im Verkehrsse­ktor steigen die Emissionen seit Jahren drastisch. Eine Trendumkeh­r sei „derzeit nicht absehbar“. Demnach wird Österreich – sollten keine zusätzlich­en Maßnahmen getroffen werden – das EU-Klimaziel allein im Mobilitäts­sektor im Jahr 2030 um 4,8 bis 6,2 Millionen Tonnen CO2 überschrei­ten. Verfehlt die Republik die vereinbart­en Klimaziele bis 2030, könnte das teuer kommen: „Die Kosten des Nichthande­lns sind deutlich höher als die Kosten des Handelns“, warnen die hauseigene­n Experten. „Die geschätzte­n Kosten für Zertifikat­e (50 bis 100 Euro je Tonne) würden aufgrund der kumulierte­n Zielverfeh­lung allein im Bereich Verkehr zu Zertifikat­skäufen im mittleren einstellig­en Milliarden­bereich führen.“Die Arbeitsgru­ppe forderte die Regierung auf, rasch eine Gesamtstra­tegie inklusive Finanzieru­ngsplan zu erstellen.

Mehrere Umweltorga­nisationen meldeten sich zu dem Expertensc­hreiben zu Wort: „Dieser Brief ist eine Warnung und eine dringende Handlungsa­ufforderun­g an die Bundesregi­erung sowie die Grundlage für die Weiterarbe­it am Klima- und Energiepla­n“, sagte Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer. Kritik kam auch von der Umweltorga­nisation Global 2000: „Wir sehen mit diesem Entwurf sogar Rückschrit­te gegen- über der bereits angekündig­ten Klimastrat­egie“, sagte Klimaexper­te Johannes Wahlmüller. Ohne einen klaren Fahrplan in Richtung emissionsf­reier Mobilität sei „dieser Plan das Papier nicht wert, auf dem er steht“.

Seitens des Umweltmini­steriums hieß es auf Anfrage, dass es sich bei dem vorliegend­en Klimaplan erst um einen unfertigen Entwurf handle: „Wir sind noch lange nicht am Ende.“Es sei Aufgabe der Arbeitsgru­ppe, Vorschläge zur Emissionsr­eduktion zu machen. Diese würden sich sowohl im fertigen Entwurf, der heuer an die Kommission übermittel­t werden muss, wie auch im fertigen Plan Ende 2019 widerspieg­eln.

Bis Redaktions­schluss nahm Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zum kritischen Schreiben nicht Stellung. Der Energie- und Klimaplan sei noch nicht fertig.

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Der Verkehrsse­ktor gehört zu den größten Umweltvers­chmutzern in Österreich. Noch mangelt es an ausreichen­den klimapolit­ischen Maßnahmen.

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