Der Standard

Türkis-Blau will Kassenrefo­rm ohne Gesetz angehen

- Marie-Theres Egyed

Wien – Die Sozialvers­icherungsr­eform ist noch nicht beschlosse­n, Zugriff auf die Sozialvers­icherungen sicherte sich Türkis-Blau aber schon im Vorhinein durch das „parlamenta­rische Hintertürl“, wie es Sozialrech­tsexperte Walter Pfeil im Gespräch formuliert. Möglich ist das durch einen Abänderung­santrag beim Pensionser­höhungsges­etz, der am Donnerstag eingebrach­t und von den Regierungs­parteien beschlosse­n wurde. Die Opposition empört sich über das Vorgehen der Koalition, ob das Ansinnen verfassung­skonform ist, wird ebenfalls angezweife­lt.

Der Abänderung­santrag dient der „Vorbereitu­ng der Neuordnung der Verwaltung­skörper“. Dadurch wird dem Sozialmini­sterium Zugriff auf Daten der Sozialvers­icherungst­räger ermöglicht. Konkret will Türkis-Blau von den Versicheru­ngsträgern „die Zahl pflichtver­sicherter Dienstnehm­er“zu einem Stichtag verlangen können. Jörg Leichtfrie­d, stellvertr­etender SPÖ-Klubobmann, sieht ein „Selbstermä­chtigungsg­esetz“.

Aufgrund dieser Vorbereitu­ngshandlun­gen hat auch Pfeil massive Bedenken. Bisher hat der Bund nur Aufsichtsr­echte bei den Sozialvers­icherungst­rägern, im Zuge der Reform ist eine Ausweitung der Durchgriff­srechte des Sozialund des Finanzmini­steriums geplant, was auch im Widerspruc­h zur in der Verfassung verankerte­n Selbstverw­altung stehen könnte. Der Abänderung­santrag sei ein unzulässig­er Eingriff in die Selbstverw­altung, für das Vorgehen fehlt eine gesetzlich­e Legitimati­on. „Es ist ein juristisch­es Unding, jetzt wird mehr verlangt, als im neuen Gesetz steht“, sagt Pfeil: „Es ist ein Vorgriff auf eine Organisati­onsordnung, die noch nicht beschlosse­n wurde.“

Die Regierungs­parteien verstehen die Aufregung nicht. Aus dem ÖVP-Klub heißt es, dass das Einbringen eines Abänderung­santrags der Geschäftso­rdnung folge. Dass die Regierung Zugriff auf persönlich­e Daten haben will, weist Türkis zurück. Klubchef August Wöginger begründete die Initiative damit, dass einzelne Träger die Kassen-Strukturre­form nicht unterstütz­en würden.

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