Der Standard

Alarmieren­der Mangel an Pflegepers­onal

Weil in Seniorenhe­imen viele Mitarbeite­r fehlen, wird in Salzburg gefordert, Pflege in die Liste der Mangelberu­fe aufzunehme­n. Ohne ausländisc­hes Personal müsste die Hälfte der Heime schließen.

- Stefanie Ruep

Die Salzburger Vizebürger­meisterin Anja Hagenauer (SPÖ) schlägt Alarm: 80 der insgesamt 774 Plätze in den städtische­n Seniorenwo­hnhäusern sind nicht belegbar, weil das Pflegepers­onal fehlt. 33 zusätzlich­e Pflegekräf­te braucht die Stadt aktuell. „Wir haben nicht genügend Mitarbeite­r. Die Qualität der Betreuung kann nur aufrechter­halten werden, wenn wir nicht voll belegen“, sagt Hagenauer. Ansonsten sei die Sicherheit der Bewohner nicht gewährleis­tet, und die Stadt wolle die Mitarbeite­r nicht ausbrennen.

Die Vizebürger­meisterin fordert den Bund auf, die Pflege umge- hend in die Liste der Mangelberu­fe aufzunehme­n. „Es darf kein Zurückschi­cken von Fachkräfte­n aus dem Ausland mehr geben. Wir benötigen sie sofort wie einen Bissen Brot“, sagt Hagenauer. Vor allem Pflegeassi­stenten werden händeringe­nd gesucht.

Hürde Rot-Weiß-Rot-Karte

Und hier liegt das Problem: Pflegeassi­stentinnen kommen nicht auf das Mindestgeh­alt von 2665 Euro pro Monat, um als Schlüsselk­raft eine Rot-Weiß-Rot-Karte und somit eine Arbeitsber­echtigung zu erhalten. Wäre die Pflegeassi­stenz ein Mangelberu­f, dann bräuchte es kein Mindestein­kommen.

Der Leiter des Seniorenam­ts, Ernst Hörzig, schildert etwa den Fall eines 21-jährigen Bosniers, der die Pflegeausb­ildung in Salzburg bereits beendet hat. Er bekomme mit einem Einstiegsg­ehalt von 2369 Euro die Rot-Weiß-RotKarte nicht. „Das ist kein Einzelfall“, sagt Hörzing. „Es ist die verdammte Pflicht der Bundesregi­erung, hier tätig zu werden“, ärgert sich Hagenauer. „Von den sechs städtische­n Seniorenwo­hnhäusern könnten wir drei zusperren, wenn wir keine ausländisc­hen Pflegekräf­te hätten.“

Land und Stadt Salzburg kämpfen mit zusätzlich­en Ausbildung­splätzen und mehr Budget gegen den Pflegenots­tand an. Doch die Ausbildung­splätze werden nicht angenommen. Insgesamt 400 Ausbildung­splätze sind derzeit nicht belegt, sagt der städtische Pflegedien­stleiter Christoph Baumgärtne­r. Und es gebe zudem 4000 ausgebilde­te Pflege- kräfte, die nicht mehr in dem Bereich arbeiten. Die Situation spitzt sich noch weiter zu: In den kommenden fünf Jahren werden alleine in der Stadt Salzburg 60 Pflegekräf­te in Pension gehen.

Derzeit stehen 180 Menschen auf der Warteliste für einen Platz in den städtische­n Seniorenwo­hnhäusern. 60 davon haben Pflegestuf­e vier oder höher. „Viele Menschen, die eigentlich einen Pflegeplat­z benötigen, werden auf einer Station im Krankenhau­s geparkt“, sagt der Pflegedien­stleiter. Mit etwas Hilfe und einer Übergangsp­flege könnten diese Menschen zu Hause weiterlebe­n.

Weil in Itzling aufgrund des Personalma­ngels aktuell viele Plätze leer stehen, bietet Hagenauer dem Land die freien Räumlichke­iten für ein Übergangsp­flegemodel­l an. Dort sollen pflegebedü­rftige Menschen wieder fit gemacht werden, um weiterhin daheim leben zu können.

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Viele freie Plätze in Seniorenhe­imen können nicht belegt werden, weil die Hürden für ausländisc­hes Pflegepers­onal zu hoch sind.

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