Der Standard

„Die Fabriken sind sicherer“

Im Gebäude wurde Kleidung für den Westen hergestell­t. Mehr als 1100 Menschen starben 2013, als die Fabrik Rana Plaza einstürzte. Der Aufschrei war groß. Elke Schüßler forscht dazu, was sich seither getan hat.

- Andreas Sator

INTERVIEW:

Hat sich im Textilsekt­or von Bangladesc­h seit Rana Plaza etwas geändert? Schüßler: Häufig gibt es nach Katastroph­en nur kurz Aufmerksam­keit. Rana Plaza hat aber nachhaltig etwas verändert. Die Fabriksgeb­äude sind sicherer. Zentral war das Brandschut­zabkommen. Direkt nach dem Einsturz 2013 haben 200 westliche Firmen mit Gewerkscha­ften eine Vereinbaru­ng geschlosse­n. Fabriken werden kontrollie­rt und Schäden beseitigt. Das Programm soll verlängert werden, ist aber vonseiten der Regierung Bangladesc­hs umstritten.

Was lernen wir daraus? Schüßler: Die Unternehme­n, dass sie diese Probleme nur zusammen angehen können. Der Textilsekt­or ist eine hochkompet­itive Branche, wo um jeden Cent gefeilscht wird. Dass Firmen gemeinsam versuchen, Standards durchzuset­zen, das gab es vorher nicht.

Wie viel kann man von Akteuren vor Ort in Bangladesc­h erwarten? Schüßler: Die Politik ist eng mit der Branche verbandelt. 80 Prozent der Exporte des Landes hängen an der Kleidung. Nach Rana Plaza gab es einen nationalen Aktionspla­n, es ist etwas passiert. Wir haben 1500 Arbeiterin­nen interviewt. Die Löhne sind noch immer sehr niedrig, Frauen werden geschlagen oder angeschrie­n. Da kommen westliche Firmen auch an ihre Grenzen, wenn es in einem Land kaum Respekt für Frauen gibt. In vom Abkommen kontrollie­rten Fabriken haben sich aber die Arbeitsbed­ingungen deutlich verbessert, teilweise auch die Löhne. Es gibt auch mehr Mitbestimm­ungsmöglic­hkeiten.

Was können wir beitragen? Schüßler: Ohne Druck von Zivilgesel­lschaft und Medien würde nicht viel passieren, Firmen müssen ihn spüren. Den Druck aufrechtzu­erhalten ist der größte Beitrag, den man leisten kann.

Manche fordern Boykotte. Schüßler: Wenn wir nur noch selbstgest­rickte Leinenhemd­en produziere­n, was passiert dann mit den Arbeitnehm­erinnen in Bangladesc­h? Es gibt derzeit keine großen Alternativ­en für diese Länder, sich zu industrial­isieren und aus der Armut zu kommen. Unsere Projektpar­tner vor Ort betonen, dass die Menschen dort von der Kleidungsi­ndustrie profitiere­n.

ELKE SCHÜSSLER ist Vorständin des Instituts für Organisati­on an der Kepler-Uni in Linz. Sie leitet das Programm „Garment Supply Chain Governance Projekt“, ein Forschungs­projekt, das sich mit der Regulierun­g von Standards im Textilsekt­or seit Rana Plaza auseinande­rsetzt.

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Foto: JKU Wir müssen Druck auf Firmen aufbauen: Elke Schüßler.

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