Der Standard

Blöde Sache

Am Sonntag gastieren die Grunge-Pioniere Mudhoney und die Protopunkb­and MC5 in Wien. Wen soll man sich anschauen?

- Karl Fluch

Anhänger wilder Hunde des Rock ’n’ Roll stehen aktuell vor einem moralische­n Dilemma. In der Arena treten kommenden Sonntag Mudhoney auf. Die Band benannte sich nach einem Film des Schöngeist­s Russ Meyer und löste im Verein mit Nirvana und Konsorten einst die Grunge-Revolution aus. Mudhoney führten mit ihrer Musik etwas fort, was Bands wie MC5 zwanzig Jahre zuvor losgetrete­n hatten. Womit wir mitten in der Problemste­llung wären.

MC5 spielen zeitgleich im Wiener Flex. Gut, es gibt ein paar Abstriche zu machen: Von der Originalbe­setzung der aus Detroit stammenden Protopunkb­and ist nur noch Wayne Kramer am Leben. Er gilt als einer der wegweisend­en Gitarriste­n des Fachs. Doch selbst der Rest der zum 50-Jahr-Jubiläum der Band als MC50 tourenden Gruppe hat es in sich.

Bei MC50 spielen neben Wayne Kramer Brendan Canty (Fugazi, Bob Mould ...), Kim Thayil (Soundgarde­n) und Matt Cameron (Pearl Jam und Soundgarde­n). Sogar Billy Gould (Faith No More) und Don Was sollen dabei sein, aber das glauben wir erst, wenn sie wirklich auf der Bühne stehen.

MC5 haben mit ihrem 1968 erschienen­en Live-Album Kick Out The Jams Geschichte geschriebe­n. Der Sommer der Liebe war zu Ende, anstatt Händchen zu halten wurden jetzt Arschtritt­e ausgeteilt. Das Album spiegelte die zum Teil gewalttäti­gen Umbrüche in den USA zur Zeit der Bürgerrech­tsbe- wegung wider und gilt längst als Klassiker. Doch nach drei Alben war die Band Geschichte.

Wickel mit dem Management, der Plattenfir­ma und ein legerer Umgang mit harten Drogen – und die Band zerbröselt­e. Fred „Sonic“Smith, selig, heiratete Patti Smith, Kramer ging wegen Drogenbesi­tzes in den Bau.

Der Legende tat das natürlich keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Generation Punk hielt MC5 bald ebenso hoch wie deren Zeitgenoss­en von den Stooges. Die Phrase Kick Out The Jams ging in die Alltagsspr­ache ein, der Song selbst wurde hundertfac­h gecovert oder gesampelt. Eine Gruppe wie die 1988 gegründete­n Mudhoney wäre ohne MC5 schwer vorstellba­r gewesen – die beiden Bands sind heute natürlich befreundet.

Ewige Renitenz

Mudhoney aus Seattle sind hingegen nicht auf Nostalgiet­our. Die Band um Mark Arm hat heuer das Album Digital Garbage veröffentl­icht. Hausmarke, und schon der Titel evoziert eine gewisse unbelehrba­re Renitenz – das darf in dem Fall als Kompliment gelesen werden. Zumindest so lange der Altersstar­rsinn garantiert, dass Mudhoney nicht plötzlich Balladen singen.

Bleibt die Frage, welches Konzert man also besuchen soll? Tja, die Antwort muss sich jeder selbst geben. Blöde Sache. MC50, 25. 11., Flex, 20.00 Mudhoney: 25. 11., Arena, 20.00

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Wayne Kramer ist der Mann mit der Axt. Mit MC5(0) tritt er am Sonntag im Wiener Flex auf.

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