Der Standard

Nicht „mit Nazikräfte­n“

- Ljubiša Tošić

Es nahen EU-Wahlen, gesucht wird auch ein Nachfolger für den schlauen Küsserköni­g und Kommission­spräsident­en JeanClaude Juncker. Mit gutem Grund bereisen also Kandidaten Europa und werben auch in der ZiB 2. Interviews in der TVthek-Langfassun­g sind dabei hilfreich. Weg sind die lästigen Bitten um „kürzere Antworten“, weg der Hinweis, man sei „leider schon über der Zeit ...“

Im Falle von Manfred Weber, dem neuen Stern der europäisch­en Volksparte­i, ist die gedehnte Zeitstreck­e, die Armin Wolf gut nutzt, allerdings auch nötig. Europabeka­nnt ist Weber noch nicht über die Maßen. Und was schlagzeil­enträchtig Mitreißend­es anbelangt, ist noch Luft nach oben.

Glanzvolle Impulse waren jedoch noch nicht zu erkennen: Weber ballt die Faust, wenn er „geeint“sagt. Ansonsten gibt er den diskreten Diplomaten, der ironisch zu lächelnd scheint. Aber das stimmt nicht (erhellt die Langfassun­g). Auch der kurze Eindruck, Weber würde „Brexit“meinen und „Dreckxit“sagen, täuscht, obwohl er den Austritt der Briten natürlich sehr bedauert.

Immerhin: Es verfestigt den Eindruck, einer würde Europa gerne zusammenha­lten. Weber plädiert für „offene Debatten in der Familie“und meint die EUStaaten, die nicht „alles nach Brüssel delegieren“sollen. Er will „Lebensgara­ntien für EUBürger in England“und will nichts „mit Nazikräfte­n“zu tun haben. In Zeiten bedrohter Demokratie­basics ist das eigentlich schon ganz gut.

Ein EU-Präsident aber wird in Zukunft womöglich über Wasser gehen oder Kollegen hypnotisie­ren müssen, um das EU-Gebäude zu bewahren. Ob Manfred Weber das kann, konnte auch die Langfassun­g nicht erhellen. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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