Der Standard

Privatisie­rte Sicherheit

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Wieder einmal werden die falschen Fragen gestellt. Etwa die: Wie konnte es nur geschehen, dass ein Rechtsextr­emist im Parlament Sicherheit­sdienst leistet? Besser sollte man fragen: Wie konnte es so weit kommen, dass ein privater Wachdienst für den geordneten Ablauf parlamenta­rischer Prozesse sorgen darf? Dass private Wachdienst­e bei der Auswahl ihres Personals keine übertriebe­ne politische Sensibilit­ät an den Tag legen, ist nicht überrasche­nd. Und umgekehrt: Dass ein Neonazi seiner Natur entspreche­nd lieber bei einem Wachdienst anheuert als bei der Caritas oder den Kinderfreu­nden, auch nicht. Im konkreten Fall hat, wie Fotos verraten, der Träger eines scharfen Scheitels das, wofür er bezahlt wurde, erledigt, ohne Anlass zu klagen zu geben oder eventuelle­n Erkenntnis­gewinn aus den Untersuchu­ngsausschü­ssen stärker zu gefährden als der Innenminis­ter. a seine aufgedeckt­e Ruchlosigk­eit also darin bestand, zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein, wäre zumindest hinsichtli­ch seiner Arbeit eine Unschuldsv­ermutung angebracht, zumal bezüglich seiner Motive bisher nichts Konkretes erwiesen ist. Er hätte den Wachdienst in einem Institut der angewandte­n Demokratie als mit seiner Weltanscha­uung unvereinba­r verweigern können, damit aber die Toleranz seines Arbeitgebe­rs möglicherw­eise überspannt. Und wer will das in Zeiten des Zwölfstund­entages schon?

Er hat es nicht getan. Wer über Rechtsextr­emisten nicht schlechter denkt als führende

DFunktionä­re der FPÖ, wird die Möglichkei­t billig nicht ausschließ­en, dass Thomas K. mit seinem Opferdiens­t einen zivilisato­rischen Selbstheil­ungsversuc­h am lebhaft sprudelnde­n Quell der hiesigen Demokratie im Sinn hatte. Welcher Ort könnte für derlei geeigneter sein als das Parlament? Kein Wunder, wenn er nach erzwungene­m Abbruch der Resozialis­ierung nicht anders konnte, als seiner Enttäuschu­ng in einem Rückfall Ausdruck zu verleihen. An der Bewährungs­hilfe für solche Fälle wäre noch zu arbeiten. ei all der Aufregung über die Mysterien, die K. im Hohen Hause erlauscht oder bei Taschenkon­trollen ausgegrabe­n haben mag, sollte man nicht vergessen, dass er wohl kaum etwas erfahren konnte, was Mitglieder des freiheitli­chen Parlaments­klubs nicht ebenfalls mitbekamen, auch wenn sie mit Gottfried Küssel weniger eng vertraut sind und mit der Rechtsextr­emistensze­ne so gut wie überhaupt noch nie vernetzt waren. Der politische Schaden, der nun so eifrig begrenzt werden soll, ist nicht an einer Einzelpers­on abzulesen, wie das in bewährter Weise der Innenminis­ter den aufgescheu­chten Abgeordnet­en klarmachte, indem er seine Hände in Unschuld wusch.

Wenigstens ist über dem Fall K. der des Bundesheer­offiziers ein wenig in den Hintergrun­d geraten, der sich der Fleißaufga­be unterzog, gegen Taschengel­d für Russland zu spionieren. Österreich­s Aufmarschp­läne gegen sein Land müssen Putin nicht beunruhige­n. Warum hätte sein Militärgeh­eimdienst mehr Geld springen lassen sollen, wenn seine Partei ohnehin einen Nichtangri­ffspakt mit der FPÖ in der Tasche hat? Demokraten bleibt nur noch, ein geheimes Zusatzprot­okoll zu fürchten.

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