„Legal Killing“und Menschlichkeit
Das Thema ist in der Öffentlichkeit noch kaum bekannt, die Literatur darüber entsprechend bescheiden. Umso wichtiger ist der ebenso breite wie tiefe Einblick in den digitalisierten Krieg, den Markus Reisner in Robotic Wars bietet. Der Jurist, Historiker und Oberstleutnant des Bundesheeres gliederte sein Buch in drei Teile: eine Situationsbeschreibung dessen, was derzeit bereits in Konfliktzonen zu beobachten ist (Drone-Killing); die rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen bzw. außerhalb derer sich diese Aktionen abspielen (Legal Killing); und in die ethischen Fragen, die diese automatisierte, maschinelle Kriegsführung aufwirft (Just Killing).
Reisner schreibt, dass nicht nur die USA, Frankreich, Italien oder Israel über umfangreiche Drohnenprogramme verfügen, sondern etwa auch der Iran oder Pakistan unbemannte, ferngesteuerte Flugkörper unter anderem zu gezielten Tötungen einsetzen. Selbst Milizen wie der „Islamische Staat“operierten inzwischen mit Kleindrohnen. Das Phänomen ist also bereits weit über eine Testphase hinausgewachsen.
Im rechtlichen Bereich stellt sich für Reisner die Frage, ob die Grundsätze des humanitären Völkerrechts beachtet werden. Ob etwa Angriffe nicht unterschiedslos und unverhältnismäßig geführt werden, gleichzeitig das Gebot der Menschlichkeit eingehalten wird. Er beschreibt auch die schwierigen laufenden Bemühungen der Vereinten Nationen, einen Konsens für die Regulierung dieser Waffentechnologien zu finden – womöglich sogar mit einem Regime, das deren Proliferation regulieren könnte.
Ausführlich widmet sich Reisner auch dem ethischen Aspekt, der sich in einer Grundfrage zusammenfassen lässt: Darf künstliche Intelligenz über Leben und Tod entscheiden? Die Antwort scheint evident: Nein. Der Punkt allerdings ist: Wie lässt sich das sicherstellen in einer völlig durchtechnisierten Welt, in der alles Machbare meistens auch gemacht wird?
Christoph
„Robotic Wars. Legitimatorische Grundlagen und Grenzen des Einsatzes von Military Unmanned Systems in modernen Konfliktszenarien“. € 34,80 / 392 Seiten. MilesVerlag, Berlin, 2018