Der Standard

Nur 17 Prozent trauen der SPÖ klares Programm zu

Die SPÖ punktet als Partei der Arbeitnehm­er und – in geringerem Maße – als Partei der Menschenre­chte. Aber dass sie nach der nächsten Wahl wieder in die Regierung kommt, wird ihr nur von einer Minderheit zugetraut.

- Conrad Seidl

Die historisch­en Verdienste der Sozialdemo­kratie sind unbestritt­en: Zwei von drei österreich­ischen Wahlberech­tigten attestiere­n der SPÖ, dass sie in der Vergangenh­eit viel für Österreich getan hat.

Mit der Zukunft tut sich die Partei, die an diesem Wochenende von Pamela Rendi-Wagner übernommen wird, bedeutend schwerer. Nur 17 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die SPÖ einen klaren Plan habe, wie es mit Österreich weitergehe­n soll. Das geht aus einer in der Vorwoche durchgefüh­rten Market-Umfrage im Auftrag des hervor.

Ein genauerer Blick in die Daten zeigt: Auch von den erklärten Wählern der Sozialdemo­kratie ist nur knapp jeder Zweite der Meinung, seine Partei habe einen klaren Plan. Market-Wahlforsch­er David Pfarrhofer: „Es wäre ungerecht, dies allein der neuen Parteivors­itzenden anzulasten. Wir haben in einer vergleichb­aren Umfrage vor zwei Jahren etwa gleich wenige Leute gefunden, die der SPÖ einen klaren Plan zugetraut haben – damals war die SPÖ immerhin Kanzlerpar­tei. Und der Parteivors­itzende Christian Kern hat dann ja auch kurz danach seinen ‚Plan A‘ veröffentl­icht.“

Geholfen hat es eben nicht. Und nur jeder Fünfte meint, dass die SPÖ eine einige Partei sei und in den zentralen Fragen eine einheitlic­he Meinung vertrete.

Ein ähnlich düsteres Bild zeigt sich auch bei der Einschätzu­ng der Aussage „Die SPÖ hat die besten Leute an der Parteispit­ze“: Dem stimmten schon unter Bundeskanz­ler Kern nur 20 Prozent zu, jetzt sind es gar nur noch 13 Prozent. Selbst unter erklärten SPÖ-Wählern sieht nicht einmal jeder Dritte die bestmöglic­he Führung der Partei.

Dies allerdings trifft Rendi-Wagner unmittelba­r. Denn in derselben Umfrage bekennen sich selbst die Wähler der SPÖ nur zögerlich dazu, Rendi-Wagner zur Kanzlerin wählen zu wollen. Wie berichtet, sagen derzeit 18 Prozent der Wahlberech­tigten, dass sie RendiWagne­r wählen würden, wenn man den Kanzler direkt wählen könnte – für Sebastian Kurz würden doppelt so viele votieren. Allerdings kommen da noch fünf Prozent der Befragten hinzu, die Rendi-Wagner „am ehesten“wählen würden.

Und so sieht es dann auch mit der Aussicht auf eine Rückkehr der SPÖ in die Regierung aus: Zwar wünschen sich 42 Prozent der Befragten, also weit mehr als die rund 26 Prozent, die die SPÖ in der hochgerech­neten Sonntagsfr­age der Vorwoche hat, dass die SPÖ der nächsten Bundesregi­erung angehört. Anderersei­ts glauben nur 30 Prozent, dass das tatsächlic­h so passieren wird.

Kaum persönlich­e Nachteile

Dazu muss man auch die Interessen­lagen, die die Wählerinne­n und Wähler umtreiben, berücksich­tigen: Rund jeder Dritte meint, dass Österreich ohne die SPÖ in der Regierung schlechter dastünde als mit einer SPÖ-Regierungs­beteiligun­g. Aber nur 17 Prozent geben an, dass es für sie selbst ein persönlich­er Nachteil sei, dass die SPÖ nicht in der Regierung vertreten ist. Überdurchs­chnittlich oft wird dieser persönlich­e Nachteil von Wählern der SPÖ und der Grünen wahrgenomm­en.

Zurück zur Partei und deren Positionie­rung: Nur 13 Prozent der Wahlberech­tigten glauben, dass die SPÖ sich nach einem Jahr in ihre neue Rolle als Opposition­spartei eingefunde­n habe. Und die Befragten haben eine Vorstellun­g davon, wo man nachschärf­en könnte, sagt Pfarrhofer: „Nach wie vor, also wie vor zwei Jahren, wird der SPÖ besonders empfohlen, sich auf die Interessen der arbeitende­n Bevölkerun­g zu konzentrie­ren. Das sagen besonders ältere Befragte – und selbst die Leute, die selber die ÖVP oder die FPÖ wählen, sehen in der SPÖ die Partei der Arbeiterin­teressen.“

Relativ klar – von 42 Prozent anerkannt – ist die Positionie­rung der SPÖ als Partei einer gerechten Gesellscha­ft. Hier konnte die SPÖ in den vergangene­n Jahren leicht zulegen.

Was vor allem in der eigenen Anhängersc­haft zählt, ist die Sensibilit­ät in Menschenre­chtsfragen; 42 Prozent der Wahlberech­tigten, aber 68 Prozent der SPÖ-Wähler sehen hier eine besondere Kompetenz – im Vergleich zur Umfrage von vor zwei Jahren eine deutliche Zunahme, nämlich um sieben Prozentpun­kte. Pfarrhofer führt das darauf zurück, dass die SPÖ in diesem Politikfel­d die aus dem Parlament ausgeschie­denen Grünen „quasi beerbt“hat. Dazu kommt, dass quer durch die Anhängersc­haft der Opposition­sparteien der SPÖ eine „anständige Haltung in der Ausländerp­olitik“bescheinig­t wird.

Weniger ausgeprägt ist allerdings die Ansicht, die SPÖ stehe insgesamt für Anstand in der Politik (28 Prozent).

Wie es unter Rendi-Wagner weitergehe­n wird? Nur 26 Prozent (aber etwa die Hälfte der SPÖWähler) erwarten sich eine völlige Neupositio­nierung der SPÖ. Und neue Ideen wären ebenfalls gefragt: Diese trauen der SPÖ derzeit nur 18 Prozent zu. Aber das kann nach dem Parteitag anders werden, hier komme es viel auf die Stimmung an, meint Pfarrhofer.

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