Donnerstagsdemo soll zur Institution werden
Auch beim achten Protestmarsch gegen die Regierung zogen wieder Tausende durch Wien. Die Demos haben nach wie vor regen Zulauf – und es sollen noch mehr werden.
Sie sind wieder da. Unter Weihnachtsbeleuchtung und Blaulicht sammeln sich die Teilnehmer der Donnerstagsdemo. Zum achten Mal treffen sie sich schon seit dem Startschuss auf dem Ballhausplatz. Es ist Donnerstagabend. Dieses Mal versammeln sie sich vor dem Sozialministerium. Laut hupend ziehen die letzten Autofahrer vorbei, bevor der Ring gesperrt wird. Ob sie wütend sind oder Unterstützung zum Ausdruck bringen, man weiß es nicht.
Längst haben sich die Demos auch zu einer Verkehrsbelastung entwickelt. Der Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Wien, Rainer Trefelik, ärgerte sich: „Für die nächsten Wochen sind derart viele Straßensperren angekündigt, dass bald der innerstädtische stationäre Handel zusperren kann.“Es solle an anderen Orten demonstriert werden.
Von Straches Buchvorstellung
Es ist kalt und nieselt, trotzdem zählt die Polizei diese Woche 2800 Demonstranten, die Veranstalter sprechen sogar von 6000 bis 7000. Die Donnerstagsdemos sind überraschend gut besucht, vergangene Woche waren es laut Polizei sogar mehr als 5000 Teilnehmer.
Einige blasen laut in ihre Trillerpfeifen, sie kommen direkt vom Graben, wo Vizekanzler HeinzChristian Strache (FPÖ) in einer Buchhandlung seine Biografie vorgestellt hat. „Wir wurden von der Polizei rasch abgedrängt“, sagt ein junger Mann. Die Polizei spricht von einer unangemeldeten Demonstration vor der Buchhandlung. Vor dem Sozialministerium tragen viele Demonstranten Plakate, auf einem steht „Kickl, absatteln!“. Eine Rednerin ruft vom Demowagen herab: „In diesem Haus werden unsere sozialen Errungenschaften geschrottet.“
Die größte Demo des Jahres soll aber nicht an einem Donnerstag, sondern an einem Samstag stattfinden: Für 15. Dezember haben Gewerkschaften und Aktivisten eine „Großdemonstration gegen Schwarz-Blau“angekündigt. Zehntausende Teilnehmer sollen es sein, mit Bussen und Zügen sollen sie dafür aus allen Bundesländern anreisen.
Die achte Donnerstagsdemo nimmt sich klein aus im Vergleich. Pittoresk ist das Glühweindreirad. Gegen freiwillige Spenden wird das heiße Getränk ausgeschenkt. Die Stimmung ist locker, gemächlich spazieren die Teilnehmer des „Wiener Wandertages“über die nassen Straßen. Sogar Kinder laufen mit ihren Eltern mit. Eine Studentin empört sich: „Gerade sagte ein Passant zu mir, solange es ihm gutgehe, werde er nicht demonstrieren!“Ein Herr beklagt, dass die Ärmsten zu Sündenböcken gemacht würden. Vor dem Sozialministerium wird laute Musik gespielt, dann endet die Demo. Die Route für nächste Woche: vom Heldenplatz zum Haus der Industriellenvereinigung.