Der Standard

Länder für „höhere Sensibilit­ät“bei Bleiberech­t

Lehrlinge abzuschieb­en sei kontraprod­uktiv, befinden die Landeshaup­tleute

- Wolfgang Weisgram

Das Südburgenl­and war nebelsuppi­g trübe. Ein Wetter, das nach einem Thermenbes­uch riefe. Doch die Landeshaup­tleute hatten anderes zu tun, wenn auch in unmittelba­rer Nähe der Thermen, im schönen Stegersbac­h. Dort konferiert­en sie am Donnerstag und Freitag nicht nur miteinande­r.

Der Chef des europäisch­en Ausschusse­s der Regionen, der Belgier Karl-Heinz Lambertz, und der deutsche Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger waren zu Gast. Man sprach über die Brüsseler Regionalfö­rderung in Zeiten des Brexits und also kleiner werdender Fördertöpf­e.

Niederöste­rreichs Johanna Mikl-Leitner lobte darum ausdrückli­ch den Tagungsort, wo „ein Best-Practice-Beispiel“für EU-Investment­s gewachsen sei. Wiens Michael Ludwig hielt die Tagungsloc­ation – aber nicht nur das – für „einen klugen Schachzug“des Gastgebers Hans Niessl. Der habe, erläuterte Kärntens Peter Kaiser, „die europäisch­ste Landeshaup­tleutekonf­erenz“ausgericht­et, an die er sich erinnern könne. Denn erstmals war ein Kommissar unter den Landeschef­s.

Der Superlativ des Europäisch­en konnte allerdings nicht verhindern, dass die Länderchef­s sich auch mit den Fährnissen des heimischen Föderalism­us auseinande­rzusetzen hatten. Zum Beispiel mit dem Thema Kinderund Jugendwohl­fahrt. Geladen war Justiz- und Reformmini­ster Josef Moser, der diesbezügl­iche Kompetenze­n zentralisi­eren und damit einen Schritt in eine allgemeine Zuständigk­eitsentfle­chtung tun möchte.

Verfassung­smehrheit

Eine Verfassung­smaterie also, die SPÖ machte ihre Zustimmung abhängig von einer sogenannte­n 15a-Vereinbaru­ng zwischen Bund und Ländern. Diese wird es geben, Wien und Vorarlberg wurden beauftragt, ein entspreche­ndes Positionsp­apier zu erarbeiten. Niessl ist zuversicht­lich, dass das am 6. Dezember ohne weitere Fisimatent­en durch den Verfassung­sausschuss gehen wird.

Breiten Raum widmeten die Landeshaup­tleute dem Facharbeit­ermangel. Neben der Aufwertung der Lehre bräuchte man, so MiklLeitne­r, auch eine Überarbeit­ung der Rot-Weiß-Rot-Card für Mangelberu­fe und eine Ausweitung für Lehrlinge. Die Lehrlingsa­usbildung sei deshalb auch verknüpft mit dem Asylwesen. Es müsse, forderte Wiens Michael Ludwig, mehr Brücken geben zwischen dem Asylweg und der Rot-WeißRot-Card. Lehrlinge abzuschieb­en sei kontraprod­uktiv. Auch die überbetrie­bliche Lehrlingsa­usbildung solle forciert werden.

Die Entscheidu­ng über humanitäre­s Bleiberech­t solle zwar, anders als von Vorarlberg­s Markus Wallner gewünscht, Bundessach­e bleiben. Die Länder appelliere­n aber einhellig an die Bundesregi­erung, diesbezügl­ich „höhere Sensibilit­ät“walten zu lassen.

Hohes Sentimenta­litätspote­nzial gab es schon am Donnerstag. Da verabschie­dete die zwar informelle, gleichwohl mächtige Runde ihren großen Alten, Wiens Michael Häupl. Hans Niessl überreicht­e ihm ein Bild des von Häupl seit langem geschätzte­n Malers Sepp Laubner. Nun ist Hans Niessl der große Alte in der Runde, der er viermal vorgesesse­n ist. Am 9. Jänner übergibt er in Klagenfurt an Peter Kaiser.

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Foto: APA/Jaeger Wiens Michael Häupl nahm Abschied von der LH-Runde.

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