Festhalten gibt Sicherheit
Ich bin als Beratungslehrer tätig. Meine Unterstützung wird angefordert, wenn in einer Klasse durch verbal und physisch gewalttätiges Verhalten das Unterrichtsgeschehen in hohem Maß gestört wird. Ich arbeite mit den auffälligen Kindern, den Lehrkräften, Eltern, dem Jugendamt und betreuenden Ärzten. Ich versuche zu vermeiden, dass ein Kind stigmatisiert wird. Oder dass es von der Schule verwiesen oder in eine Sondererziehungsschule abgeschoben wird.
Ich arbeite nach dem Prinzip der ‚Neuen Autorität‘ nach dem Psychologen Haim Omer: Die Führungsverantwortung der pädagogisch Tätigen wird anerkannt, jedoch soll dem Kind nicht unter Androhung von Strafe Angst bereitet werden, sondern es soll zum Verständnis über nachvollziehbare Konsequenzen gelangen.
Manchmal kommt es vor, dass ich ein Kind festhalte, um andere und es vor sich selbst zu schützen. Sofern ich die Einwilligung der Eltern habe, suche ich mir dann einen ruhigen Platz und verharre mit dem Kind längere Zeit – das können vierzig Minuten sein –, bis es sich völlig beruhigt hat. Im günstigen Fall gibt meine Präsenz dem Kind den zu Hause vermissten Halt oder ein Stück Geborgenheit. Nicht verurteilt zu werden und stattdessen Aufmerksamkeit zu bekommen, widerspricht den erfahrenen Mustern und kann entspannend, sogar heilsam wirken.