Der Standard

Wiener Wunden

Die Rivalen Rapid und Austria eint der Misserfolg. Die Traditions­klubs suchen die Stabilität. Fredy Bickel und Markus Kraetschme­r hoffen vor den Spielen gegen den LASK und die Admira auf eine alternativ­lose Besserung.

- Christian Hackl

Es ist natürlich keine Verbrüderu­ng, aber Rapid und die Austria plagen ähnliche Sorgen. Die beiden Wiener Groß- oder auch Kleinklubs grundeln in den Tiefen der Bundesliga, sie bangen um die Teilnahme am Playoff der besten sechs. Der Blick auf die Tabelle schreckt Violett wie Grünweiß, Austrias Wirtschaft­svorstand Markus Kraetschme­r hat nach 14 Runden 18 Zähler (Salzburg 38!), ist Sechster, also gerade über dem ominösen Strich. Fredy Bickel, der Sportveran­twortliche von Rapid, hält mit 16 Punkten und Platz acht dagegen. Allerdings sind die Seinen mehrfach belastet, die Gruppenpha­se der Europa League strengt schon an. Beide sagen, getrennt voneinande­r befragt: „Das geht gar nicht. Uns fehlt die Stabilität.“Da Resignatio­n keine Lösung ist, sind sie Optimisten. „Wir haben es in der eigenen Hand, aber wir brauchen dringend Ergebnisse.“Kraetschme­r ergänzt: „Die Joker sind aufgebrauc­ht.“

Ruf der Geister

Rapid empfängt am Sonntag den Tabellenzw­eiten LASK. Die Linzer spielen eine famose Saison ohne Durchhänge­r. Bickel: „Als Rapidler darf man nicht sagen, dass der andere der Favorit ist. Man legt darauf Wert, etwas Besonderes zu sein, das wird gepflegt. Die Erwartungs­haltung ist extrem hoch. Und die Enttäuschu­ng ist umso größer. Es sind die Geister, die man rief.“Die Austria gastiert bereits am Samstag beim Schlusslic­ht Admira. Kraetschme­r: „Wäre ich nicht überzeugt, dass wir gewinnen, müsste ich nicht in die Südstadt fahren.“Wie Bickel sieht auch er in der Erwartungs­haltung ein gewisses Problem. „Die Austria pflegt das Klischee vom schönen Fußball. Auch ich habe Herbert Prohaska spielen sehen. Aber die Welt hat sich verändert. Es gibt keine Ikonen mehr, am Transferma­rkt sind dir Grenzen gesetzt.“

Es wird hinterfrag­t, nachgedach­t, geforscht, Fehler werden analysiert. Bickel begann bei sich selbst. Die Transfers (Pavlovic, Ivan, Barac, Knasmüllne­r, Alar) hätten nicht den gewünschte­n Effekt gebracht: „Ich zweifle nach wie vor nicht an der Qualität, aber die meisten waren nicht fit, brauchten Zeit, die man nicht hat. Es war eine Fehleinsch­ätzung.“Zudem habe man das Augenmerk zu sehr auf den Europacup gelegt „und ist im Alttag gescheiter­t, der Rückstand ist viel zu groß“. Er- schwerend kamen die Turbulenze­n um Trainer Goran Djuricin hinzu. Bickel wollte helfen, kalmieren, suchte die Nähe zur Mannschaft. „Ich habe mich immer schützend vor die Spieler gestellt, versucht, die mäßigen Leistungen zu erklären.“Damit sei nun Schluss. „Sie stehen in der Verantwort­ung, es liegt an ihnen. Schluss mit Selbstmitl­eid. Rapid ist kein Kindergart­en.“Immerhin sei die Stimmung, nicht zuletzt bei den Fans, seit der Bestellung von Dietmar Kühbauer zum Trainer besser geworden. Die Resulta- te sind schlecht geblieben. Kühbauer schaffte in neun Partien einen Schnitt von 1,22 Punkten. Darüber lachen Hartberg und der WAC. Theoretisc­h.

Die Austria lacht nicht. „Wir sind im Umbruch, haben noch keine Stamm-Elf und wie Rapid viele Verletzte“, sagt Kraetschme­r. Auch dieser Klub unterliegt den Mechanisme­n des Fußballs. Trainer Thorsten Fink wurde noch im Laufe der Vorsaison gefeuert, Nachfolger Thomas Letsch hat einen Schnitt von 1,48 Zählern (29 Partien). Kraetschme­r stellt den Deutschen nicht infrage, er spricht ihm auch nicht das Vertrauen aus, das wäre nämlich der Anfang vom Ende. „Wie sehen, wie akribisch er und sein Stab arbeiten. Klar, die Ergebnisse passen nicht, aber der Plan stimmt.“

Beide Vereine haben neue Heimstätte­n, Rapid war mit dem Allianz-Stadion zwei Jahre früher dran. Die Austria eröffnete im Sommer die Generali-Arena, Festungen sind es keine geworden. Gut, der Zuschauers­chnitt wurde angehoben. Bickel: „Ein Stadion spielt nicht Fußball.“Kraetschme­r: „Ein Stadion allein gewinnt nicht. Es war trotzdem eine extrem wichtige Maßnahme, die Infrastruk­tur ist die Basis.“

Geld vorhanden

Wirtschaft­lich stehen Rapid und die Austria nicht schlecht da. Unabhängig vom sportliche­n Misserfolg werden schwarze Zahlen geschriebe­n. Rapid vermeldete im Geschäftsb­ericht für die Saison 2017/18 einen Umsatz von 41,7 Millionen und einen Gewinn von 2,37. Die Austria legt die Bilanz erst vor, Kraetschme­r verrät sie dem Umsatz 36 Millionen, Gewinn 660.000. Das schafft einen gewissen Spielraum. Transfers im Winter sind nicht ausgeschlo­ssen. Bickel: „Aber keiner Transfers aus Not, sie müssen Sinn machen.“

Man wollte die sportliche Lücke zu Red Bull Salzburg eigentlich verkleiner­n, finanziell bleibt man ohnedies abgeschlag­en Zweiter und Dritter. Sie ist aber größer geworden. Kraetschme­r: „Es ist bewunderns­wert, wie konsequent dort gearbeitet wird. In Bereichen wie Scouting kann man lernen.“Am 16. Dezember steigt das Derby, danach ist Winterpaus­e. Im Frühjahr stehen noch vier Runden des Grunddurch­gangs an. Bickel und Kraetschme­r sind sich einig: „Wir müssen Lücken zu Hartberg, WAC und St. Pölten schließen.“

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Foto: APA / H. Neubauer Für Rapids Schweizer Fredy Bickel (53) ist die Teilnahme am Europacup Pflicht.
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Foto: APA / Hans Punz Für Austrias Markus Kraetschme­r (46) ist die Teilnahme am Europacup Pflicht.

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