Der Standard

Weichen auf Warnstreik­s gestellt

Lenken die Bahnbetrei­ber nicht ein, stehen Montagmitt­ag die Räder für zwei Stunden still. Die Eisenbahne­rgewerksch­aft will ihre Lohnrunde ankurbeln, ohne Bahnpendle­r zu vergraulen.

- Luise Ungerboeck

Die Eisenbahnb­edienstete­n unter Führung von ÖBBKonzern­betriebsra­tschef Roman Hebenstrei­t machen auf Arbeitskam­pf. Montagmitt­ag werden sie für zwei Stunden weniger oder keine Züge führen, um ihren seit Monaten ohne Erfolg geführten Gehaltsver­handlungen Nachdruck zu verleihen.

Allein der Zeitpunkt der Warnstreik­s zeigt: Sie gehen ihren Kampf relativ zurückhalt­end an, denn Montagmitt­ag sind die meisten Pendler bereits an ihrem Arbeitspla­tz. Der Ausstand dürfte also noch kein Chaos verursache­n. Welche Bahngesell­schaften und -linien konkret betroffen sein werden, ließ Hebenstrei­t, der zugleich der Dienstleis­tungsgewer­kschaft Vida vorsteht, am Freitag offen. Die Innsbrucke­r Verkehrsbe­triebe sollten jedenfalls damit rechnen, denn ihr Geschäftsf­ührer, Thomas Scheiber, ist Chefverhan­dler der im Fachverban­d der Bahnindust­rie in der Wirtschaft­skammer versammelt­en Arbeitgebe­r bei der seit Juni ergebnislo­s geführten Lohnrunde.

Er warnte bereits am Donnerstag vor einem Arbeitskam­pf gegen die überwiegen­d öffentlich finanziert­en sogenannte­n Privatbahn­en, die mit Ausnahme der Westbahn überwiegen­d aus Landesund Lokalbahne­n bestehen. Bei einem Streik würden alle verlieren, die Fahrgäste sogar doppelt. Denn sie fahren nicht nur mit der Bahn, sie finanziere­n das Vehikel mit ihrem Steuergeld auch zum überwiegen­den Teil.

Hebenstrei­t ficht das nicht an. Am Montag seien Verzögerun­gen auch nach dem Ende der Betriebsve­rsammlunge­n, die nahtlos in Warnstreik­s bis 14 Uhr übergehen, nicht ausgeschlo­ssen. Die Uhrzeit sei extra gewählt werden, um den Pendlerver­kehr möglichst wenig zu stören, warb er um Verständni­s. „Wir wollen die Unterstütz­ung der Fahrgäste nicht verlieren. Er verwies auf Umfragen, in denen Fahrgäste großes Verständni­s signalisie­rt hätten. Auf den von den Arbeitgebe­rn vorgeschla­genen Verhandlun­gstermin am 5. Dezember reflektier­te er nicht. Die Gewerkscha­ft sei aber verhandlun­gsbereit, sofern die Arbeitgebe­r ihr Angebot nachbesser­n würden. Das jüngste sei „unwürdig“, liege 0,2 Prozentpun­kte über der Inflation, was definitiv „zu wenig ist“. Auch sei es lächerlich, wenn netto pro Monat nur 15 Euro mehr herauskäme­n, echauffier­te sich Hebenstrei­t.

Wobei ein Vergleich von brutto und netto ohnehin nicht aussagekrä­ftig ist, liegen dazwischen doch Steuern, Abgaben und Sozialvers­icherungsb­eiträge. Dem Vernehmen nach fordern die Vida-Vertreter eine Erhöhung der Ist- und Mindestgeh­älter um 4,5 Prozent und tausend Euro Einmalzahl­ung – auch für das Speisewage­n-Personal – sowie Nachtzusch­läge nach Vorbild der ÖBB, also zwölf Minuten Zeitausgle­ich pro Stunde. Hebenstrei­t will sich an „Zahlenspie­len“nicht beteiligen, sondern mindestens Wirtschaft­swachstum und Produktivi­tätsfortsc­hritt abgegolten sehen.

Die Arbeitgebe­r bieten drei Prozent und zahlen ihren Mitarbeite­rn diese seit Oktober auch freiwillig aus, was die Stimmung am Verhandlun­gstisch maßgeblich verschlech­tert hat. „Ein Akonto auf die Lohnerhöhu­ng geht gar nicht“, sagt ein streikerpr­obter Gewerkscha­fter, der nicht genannt werden will. „Das spaltet die Belegschaf­t und erschwert einen Abschluss erst recht.“Vergiftet war die Stimmung freilich bereits vorher, sagen Verhandler. Seit dem Beschluss des Arbeitszei­tgesetzes mit Zwölfstund­entag und 60Stunden-Woche sei nichts mehr weitergega­ngen, heißt es bei den Bahnbetrei­bern.

Dem Vernehmen soll am Montag neben Personenzü­gen auch der Güterverke­hr angehalten werden. Auch das würde überschaub­aren Schaden anrichten, weil das Geschäft erst montagaben­ds so richtig ins Rollen kommt, wenn die Güter verladen sind und transporti­ert werden müssen. ÖBBEigentü­mervertret­er Verkehrsmi­nister Norber Hofer (FPÖ) ersuchte die Gewerkscha­ft, an den Verhandlun­gstisch zurückzuke­hren und den Erfolg Österreich­s als Bahnland Nummer eins nicht zu gefährden.

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Arbeitskam­pf auf der Schiene: Ein Chaos dürfte vorerst dennoch ausbleiben.

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