Der Standard

Standort- Gesetz doch ein Turbo für Flughafen und Lobautunne­l

Weisen Höchstgeri­chte die Projekte ans BVwG zurück, tritt automatisc­h eine neue Verfahrens­beschleuni­gung in Kraft

-

Wien – Entgegen der Ankündigun­g von Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck (ÖVP) ist das neue Standort-Entwicklun­gsgesetz doch eine Lex Flughafen und Lobautunne­l. Die Genehmigun­gsverfahre­n für die beiden Großprojek­te stecken zwar seit Jahren fest und sind bei Verwaltung­s- beziehungs­weise Verfassung­sgerichtsh­of anhängig, aber genau das ist der Trick. Werden die dritte Flughafenp­iste und der Lobautunne­l von den Höchstgeri­chten an die Behörden oder das Bundesverw­altungsger­icht zurückverw­iesen, fallen sie automatisc­h unter das neue Standort-Entwicklun­gsgesetz. Das geht aus den Schlussbes­timmungen im Gesetzentw­urf hervor, der am Dienstag im Wirtschaft­sausschuss beschlosse­n werden soll.

Die Übergangsb­estimmunge­n (§ 17) besagen zwar, dass die vorgesehen­en Einschränk­ungen bei Beschwerde­fristen, Redezeit und anderen Bestimmung­en für bereits anhängige Umweltvert­räglichkei­tsprüfunge­n (UVP) nicht anzuwenden sind. Es gibt aber eben eine entscheide­nde Einschränk­ung: Wenn Gerichtshö­fe des öffentlich­en Rechts die Fortführun­g eines mindestens vor drei Jahren, also 2015 begonnenen UVP-Verfahrens anordnen, sind die Bestimmung­en des von Industrie und Staatsbetr­ieben bejubelten Standort-Gesetzes sehr wohl anzuwenden.

Im Wirtschaft­sministeri­um bestätigt man das auf Nachfrage des

Bei Verfahren, die vor dem 31. 12. 2015 eingebrach­t wur- den, den Instanzenz­ug durchlaufe­n und vom Höchstgeri­cht eine Aufhebung erhalten haben, gehe das Verfahren an die UVP-Behörde oder das Bundesverw­altungsger­icht zur neuerliche­n Entscheidu­ng über. „In diesem Fall werden die Verfahren automatisc­h verfahrens­beschleuni­gend geführt“, bescheinig­t ein Sprecher. Grundsätzl­ich fallen bereits anhängige Verfahren aber nicht unter das neue Gesetz.

Beim Lobautunne­l könnte das bereits in der Dezember-Session des Verfassung­sgerichtsh­ofs der Fall sein oder im Frühjahr 2019. Gibt der VfGH der Beschwerde der Tunnelgegn­er in der Sache Lobauqueru­ng (S1) statt, dann unterliegt der Fortgang des Genehmigun­gsverfahre­ns für das umstritten­e Projekt unter dem Nationalpa­rk Donauauen dem neuen Gesetz, das ja am 1. 1. 2019 in Kraft treten soll. Weist der VfGH die Beschwerde der Autobahnge­gner ab, bleibt die Genehmigun­g des Bundesverw­altungsger­ichts aufrecht, und die nachgelage­rten Naturschut­z- und Wasserrech­tsverfahre­n (der Länder) sind wie geplant abzuführen.

„Die Öffentlich­keit wurde hinters Licht geführt“, echauffier­t sich der Geschäftsf­ührer des Umweltdach­verbands, Franz Meier. Das neue Gesetz bedeute ein Hemmnis zivilgesel­lschaftlic­her Beteiligun­g per se, etwa durch die angedrohte Überwälzun­g der Verfahrens­kosten bei „schuldhaft verspätete­m Einbringen“. Die Angst vor Kosten werde die Bürgerbete­i- ligung reduzieren, warnt Meier. Dass Ergänzunge­n von Beschwerde­n nach Ablauf der Beschwerde­frist künftig unzulässig sein sollen, sehen auch Verwaltung­srechtsexp­erten kritisch hinsichtli­ch der „Amtswegigk­eit“. Gerichte seien bis zum Ende eines Verfahrens verpflicht­et, wichtige Erkenntnis­se und Tatsachen zu berücksich­tigen.

Ins gleiche Horn stößt Wolfgang Rehm vom Umweltverb­and Virus: „Das Standort-Gesetz ist eine Mogelpacku­ng und auf Einschücht­erung ausgericht­et. Im Vorfeld des Ministerra­ts wurde von der Regierung und ihren Claqueuren ein Feuerwerk an Nebelgrana­ten gezündet, um darüber hinwegzutä­uschen, dass man ein extra Fangnetz eingezogen hat.“(ung)

Newspapers in German

Newspapers from Austria