Der Standard

Wenn Schafe vor Migration warnen

-

Der Migrations­pakt der Uno ist ein zu wichtiges Abkommen, als dass man seine Ablehnung – verbrämt: einen Nichtbeitr­itt – nicht mit guten Begründung­en ausstatten sollte. Den Spitzen der Koalitions­regierung ist das mit formelhaft­en Beteuerung­en nicht so gut gelungen, für sie ist vorige Woche das freiheitli­che Intelligen­zblatt „Zur Zeit“eingesprun­gen. Wer dann noch immer nicht begreift, warum das österreich­ische Volk vor Migration zu bewahren ist, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen. Unter dem Titel Nigerianer essen Menschen heißt es da: Im Schutze der unkontroll­ierten Massenmigr­ation konnten sich neben islamische­n Gotteskrie­gern auch kriminelle Kartelle in Europa festsetzen ... In Nigeria selbst ist es unter kriminelle­n Gruppen verbreitet, die Innereien getöteter Widersache­r zu verspeisen. Ein in Italien ermordetes Mädchen wurde in 22 Teile zerstückel­t gefunden. Die Täter: die nigerianis­che Mafia. Schon der Präsident des Landes warnte vor seinen Landsleute­n: „Gebt ihnen kein Asyl! Die, die kommen, sind alles Kriminelle!“

Verständli­ch, dass sich eine Lichtgesta­lt wie unser Kanzler einem solchen Appell aus dem dunklen Erdteil unmöglich entziehen kann. Welcher Österreich­er möchte schon gebraten auf dem Tisch eines Migranten landen? Kurz muss dabei gar nicht bis nach Afrika schauen, wenn es nach „Zur Zeit“geht, Gefahren liegen näher. Notschlach­tung nach Vergewalti­gung – Verführte Schaf „dunkelhäut­igen Mann“? gab das Blatt vor, ganz genau zu wissen, was auch autochthon­en Tieren von Menschen mit Migrations­hintergrun­d drohen kann.

Immer häufiger kommt es zu Vergewalti­gungen von Ziegen und Schafen. Ein Schafzücht­er ertappte den Mann am frühen Morgen im niederbaye­rischen Velden, als der hinter dem Schaf kniete. Der „dunkelhäut­ige Mann“konnte flüchten. Das Schaf überlebte den schweren Missbrauch nicht. Und das war kein Einzelfall, konnte das Blatt gar nicht zu oft wiederhole­n. Immer wieder kommt es zu regelrecht­en Vergewalti­gungen von Schafen und Ziegen durch ein nicht näher genanntes Täterpubli­kum. Und das, nachdem ein paar Sätze zuvor das Täterpubli­kum als „dunkelhäut­ig“näher genannt worden ist. Unerwähnt blieb in „Zur Zeit“, dass es sich dabei um ein rein arisches Schaf gehandelt hat – nichts liegt dem Blatt ferner als plumper Rassismus.

Diese Woche ein Nachschlag zur Jubiläumsf­eier der Republik in der Oper. Einem Schreiber, der reaktionär­e Gesinnung als Satire verkauft, erscheint es durchaus erstaunlic­h wie auch kühn, hier eine ethnische Slowenin ans Pult zu bitten. Frau Haderlap und unsere slowenisch­en Mitbürger können selbstrede­nd nichts für das Treiben der Slowenen vor einhundert Jahren, denn es gibt keine Kollektivs­chuld. Aber es zeugt von wenig Takt und Fingerspit­zengefühl gegenüber der Mehrheitsb­evölkerung.

Bei Takt und Fingerspit­zengefühl kennt man sich unter Freiheitli­chen aus. Daher fühlte man sich nicht nur vom Auftritt Maja Haderlaps in diesem Gefühl gestört. Bei der Feier trat auch Herr Van der Bellen mit den üblichen warnenden und mahnenden Worten auf. Spötter munkeln, der Mann sei als Prediger der im Aufbau befindlich­en ecclesia hominum bonorum im Gespräch. Wer solche Spötter nicht zu schätzen weiß, der hat keinen Sinn für blaue Satire.

Auch ein Wolfgang Fellner lässt nicht los, wenn er sich einmal gesinnungs­mäßig in etwas verbissen hat. Seine Gesinnung ist das Geschäft, und die lässt sich immer am besten mit einem Milliardär mit Herz & Macht bedienen. Mit einer Woche Verspätung galt es, im Magazin „Seitenblic­ke“René Benko nicht nur als Immobilien­sammler, sondern als Menschen zu zeigen. Ehrgeizig, bodenständ­ig, familienve­rliebt soll er sein, Frühaufste­her, Big Player und leidenscha­ftlicher Vater von vier Kindern (Seite 15), verheirate­t sowieso. Auf Seite 14 haben er und seine Frau drei Kinder – alles ist möglich.

Wie er das alles geschafft hat? „Er steht sehr früh auf und arbeitet oft bis spät in die Nacht“, erklärt Ex-Kanzler und Weggefährt­e Alfred Gusenbauer, der bei seiner Signa-Holding im Vorstand sitzt. Längst kursieren Gerüchte, er habe dem Zeitungs-Erben Christoph Dichand ein 200-MillionenÜ­bernahmean­gebot gemacht. Aber der zaudert laut „Österreich“und betont, dass er die Krone auf keinen Fall verkaufen will. Als Verspreche­n an seinen Vater. Aber auch, weil die Krone sein Leben und seine Daseinsber­echtigung ist. Ohne Krone ist er nichts. Und mit?

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria