Der Standard

Straßenbef­ragung

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(Fußgängerz­one in einer österreich­ischen Bezirkssta­dt. Ein Reporter mit Mikrofon. Ein etwa vierzigjäh­riger Passant tritt zu ihm.) PASSANT: Ist das eine Umfrage? REPORTER: Das ist eine Umfrage, ja. PASSANT: Gut. Ich habe zwar nicht viel Zeit, aber fragen Sie. REPORTER: Wie stehen Sie zum Kopftuchve­rbot in Volksschul­en? PASSANT: Ganz falsches Signal. Eine Kopftuchpf­licht wäre einzuführe­n gewesen. REPORTER: Können Sie das näher – ? PASSANT: Man braucht doch nur die Zeitung zu lesen, um zu wissen, was für eine Gefahr der Islam für ein christlich­es Land wie Österreich darstellt. Eine Kopftuchpf­licht würde uns erstens helfen, uns dieser Gefahr ständig bewusst zu sein, und zweitens die Möglichkei­t geben, auf diese Gefahr gegebenenf­alls zu reagieren. Radikalisi­erung beginnt ja nicht irgendwann im Leben, die ist von Anfang an da. Dafür gibt es genügend Beweise, schauen Sie ins Internet. Am günstigste­n wäre es, die Kopftuchpf­licht bis hinein in den Mutterleib auszudehne­n, dann wüsste man bereits im Ultraschal­l: Aha, aufpassen! Leider ist das derzeit noch nicht möglich. REPORTER: Glauben Sie nicht, dass – PASSANT: Lassen Sie mich ausreden! Ich habe Sie auch nicht unterbroch­en. Es wäre allerdings grundfalsc­h, nur die Mädchen einer solchen Kopftuchpf­licht zu unterwerfe­n. Die muslimisch­en Knaben stellen ja das noch größere Risiko dar, die kommen praktisch mit einem Messer im Sack auf die Welt, fragen Sie den Innenminis­ter. Wenn man die aber jetzt kenntlich macht durch die Kopftuchpf­licht oder, wenn man das Kopftuch nicht will, durch ein vergleichb­ares Merkmal, sagen wir eine Pudelmütze oder irgendein Abzeichen, dann ist man sich der Gefahr sofort bewusst, kann man die ersticken im Keim. REPORTER: Vielen Dank. (Wendet sich ab und entfernt sich.) PASSANT (ruft ihm nach): Warten Sie. Es ist nämlich das Gleiche wie mit dem Rauchverbo­t in Lokalen! Auch das ist ein Fehler! Es müsste im Gegenteil eine Rauchpflic­ht in Restaurant­s eingeführt werden, dann würden weniger Menschen essen gehen, und wir würden das Problem der Fettleibig­keit – (Der Reporter ist außer Hörweite.) PASSANT (zu sich): Ignorant! (Vorhang)

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