Versunkene Welten
Ich trag im Herzen drin / ein Stückerl oides Wien / ein Stückerl Seligkeit / aus dieser Zeit“, sangen dereinst, trunken vor Glück, Hans Moser und Paul Hörbiger, Gott hab sie selig. Nun ja, ob „die gute alte Zeit“auch wirklich so gut war wie in der nostalgischen Verklärung der in Wien inhalierten oder mit der Muttermilch eingesogenen Melancholie, sei dahingestellt. Überprüfen lässt sich der Wahrheitsgehalt jedoch perfekt anhand zweier empfehlenswerter Neuerscheinungen.
Thomas Hofmann und Beppo Beyerl entführen in Die Stadt von gestern zu einer Entdeckungsreise durch das verschwundene Wien. Sie zeigen Veränderungen des Stadtbilds, entschwundene Berufe, abgerissene Bahnhöfe, tote Theater, leere Gassen, versetzte Denkmäler. Und schmerzhafte Erinnerungen werden wach, wenn man die Vernichtung der jüdischen Gebetshäuser, Synagogen, des gesamten Lebens auf der „Mazzesinsel“thematisiert. Aber auch zahllose Vergnügungen gingen verlustig.
„Ich war fesch, du warst fesch und so verliebt / Denk dran, die Schatzerln / an die süßen Bratzerln / Weil’s sonst nicht Schöneres gibt.“Vor der Zeitrechnung nach #MeToo war das noch politisch korrekt. Arno Spreitzhofer zeigt in Luxus, Laster, Leidenschaft, dass es damals, wenn auch unter Tuchent, hinter Vorhang oder vorgehaltener Hand, allerlei Pikanterien und Skandale gab. „Du warst jung, ich war jung, das ist vorbei. Nur die Erinnerung bleibt jetzt noch für uns zwei.“Hallooo! Gregor Auenhammer
Thomas Hofmann, Beppo Beyerl, „Die Stadt von gestern. Wien“. € 27,– / 240 Seiten. Styria-Verlag, Wien/Graz/Klagenfurt 2018. Arno Spreitzhofer, „Luxus, Laster, Leidenschaft. Seitenblicke auf die k. u. k. Gesellschaft“. € 25,– / 192 Seiten. Molden-Verlag 2018