Der Standard

Die Crowd, die ins Haus für Asylwerber investiert

Crowdfundi­ng wird von vielen nicht nur als gute Geldanlage gesehen, sondern auch als Möglichkei­t, Projekte abseits des Mainstream­s zu unterstütz­en. Die Rendite rückt bei dieser Variante oft in den Hintergrun­d.

- Franziska Zoidl

Crowdfundi­ng für Immobilien boomt. Dabei wird Projektent­wicklern von der Crowd meist für den Bau eines Objekts finanziell unter die Arme gegriffen. Dafür wird ihnen eine saftige Rendite in Aussicht gestellt. Entspreche­nde Projekte gibt es in Wien derzeit zuhauf.

Aber es gibt auch eine Form des Crowdfundi­ngs, bei der Anleger ein Projekt aus einer anderen Motivation heraus unterstütz­en. Dabei würde es sich oft um Projekte handeln, die Hilfe zur Selbsthilf­e bieten, sagt Bernd Lausecker vom Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI).

Beispielsw­eise wenn sich Wohnungsbe­sitzer zusammensc­hließen, um ihr Haus zu sanieren. Die saftige Rendite geht sich in einem solchen Fall aber meist nicht aus – das sei aber auch nicht das Ziel der Anleger, so Lausecker: „Die Anlagemoti­ve können anders sein. Da kriegt man dann eben keine Rendite von 6,5 Prozent, dafür hat man vielleicht ein besseres Gewissen, weil man Menschen bei ihrem Projekt unterstütz­t.“

Das Risiko sollte allerdings auch dabei nicht unterschät­zt werden: „Da hat man die gleichen Risiken wie bei einem Crowdfundi­ngprojekt eines Bauträgers“, betont Lausecker. Der Grund: Die Gelder werden in beiden Varianten mittels Nachrangda­rlehen vergeben. Rutscht das Projekt in die Pleite, ist das Geld der Crowd höchstwahr­scheinlich weg.

Der oberösterr­eichische Verein SOS Menschenre­chte sammelt aktuell auf der Plattform der Genossensc­haft für Gemeinwohl Geld für die Sanierung eines Flüchtling­swohnheims in der Rudolfstra­ße in Linz-Urfahr.

Das 150 Jahre alte Haus wurde dem Verein vor fast 20 Jahren im Baurecht von der Stadt Linz zur Verfügung gestellt. Zuletzt war das Haus dringend renovierun­gsbedürfti­g. „Wir haben unzählige Gespräche mit der Politik geführt“, sagt Sarah Kotopulos, Geschäftsf­ührerin von SOS Menschenre­chte. „Vor zwei Jahren haben wir beschlosse­n, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.“

Erst wurden mittels Spendenkam­pagne 800.000 Euro für die Sanierung gesammelt, seit einem Jahr läuft nun auch die Crowdfundi­ngkampagne. Bisher wurden damit 490.000 Euro von 70 Menschen eingesamme­lt. Von den Kleinanleg­ern müssen mindestens 1000 Euro investiert werden. Oft sind es laut Kotopulos tatsächlic­h nur verhältnis­mäßig geringe Beträge, die – oftmals von Menschen, die selbst aus Oberösterr­eich stammen – investiert werden. Ausnahmen bestätigen die Regel: Kotopulos berichtet beispielsw­eise von einer Frau, die das gesamte ihr bei einer Scheidung zugesproch­ene Geld investiert hat.

Die Investoren können sich selbst aussuchen, wie viel sie für ihr angelegtes Geld wollen, eine Rendite zwischen null und drei Prozent steht ihnen zur Auswahl. „Viele geben uns das Geld zinsfrei“, sagt Kotopulos. „Manche wollen aber ein paar Prozent.“Auch die Laufzeit des Darlehens ist zwischen fünf und 20 Jahren wählbar.

Endspurt bis Jahresende

Seit Jänner läuft die Sanierung des Hauses. Insgesamt, so Kotopulos, liegen die Kosten bei 2,2 Millionen Euro. Das Haus wird entkernt, das Dachgescho­ß ausgebaut. Auf 1000 Quadratmet­ern wird es Wohnmöglic­hkeiten für Asylwerber und unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e geben. Auch die Geschäftss­telle des Vereins wird hier einziehen.

Einige Einheiten sollen dann gemeinsam mit Kooperatio­nspartnern als leistbare Starterwoh­nungen vergeben werden, „für Menschen in Notlagen, egal, woher sie kommen“, so Kotopulos. Insgesamt wird das „Haus der Menschenre­chte“, wie es heißen soll, 70 Menschen Platz bieten.

Die Fertigstel­lung ist für Anfang 2019 geplant. Die offizielle Eröffnung findet im Mai statt, dafür hat sich Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen angesagt. Die Crowdfundi­ngkampagne läuft noch bis Ende des Jahres. 200.000 Euro werden laut Kotopulos „im Endspurt“noch benötigt.

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Beim Immobilien-Crowdfundi­ng wird oft Geld für die Errichtung von hochpreisi­gen Wohnprojek­ten gesammelt. Manche Anleger sind aber auf der Suche nach mehr als der Rendite.

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