Der Standard

„Man sagt, ich würde auch Hundehütte­n einweihen“

Einen sachlichen Grund gibt es für Einweihung­en von Gebäuden nicht. Dennoch hat der Brauch immer noch Tradition. Der Wiener Dompfarrer Toni Faber spendet den göttlichen Segen auch für kuriose Objekte.

- Marietta Adenberger

Er hat schon so ziemlich alles eingeweiht, was man nur einweihen kann: Wiens Dompfarrer Toni Faber segnet pro Jahr zwischen 100 und 150 Gebäude und Räumlichke­iten. Darunter Geschäftsl­okale, Banken, Hotels, Büros, Anwaltskan­zleien, Arztpraxen, Pflegeheim­e, Lokale oder die neue Postzentra­le am Rochusmark­t. Auch medienwirk­same Objekte wie der Würstelsta­nd Bitzinger bei der Albertina, der Atlantiktu­nnel im Haus des Meeres und ein Kloster, das vorher ein Bordell gewesen war, waren dabei. 2002 weihte der Dompfarrer die Absprungra­mpe für Bungee-Jumper am Donauturm ein und stürzte sich dabei aus über 150 Metern selbst in die Tiefe. Ein anderes Mal fand er sich inmitten von Strapsen und Reizwäsche wieder, als er eine Palmersfil­iale in der City einweihte. „Warum soll ich so ein Geschäft nicht segnen, wenn der Geschäftsf­ührer, der Oberminist­rant war, mich darum bittet?“, so Faber, der die mediale Aufmerksam­keit bei solchen Events gewöhnt ist.

Was der Segen nützt

„Die Leute spotten immer, ich würde auch Hundehütte­n einweihen“, so der Dompfarrer. Er mache das aber aus der Überzeugun­g heraus, dass eine Segnung eine schöne Gelegenhei­t ist, sich daran zu erinnern, dass man am Ende nicht alleine für den Erfolg eines Projektes verantwort­lich ist: „Mit Zuspruch verändert man ein Werk, Kompliment­e verändern Menschen. Mir ist es daher zu wenig zu sagen: ‚Nutzt es nichts, schadet es nichts.‘ Denn die neue Physik lehrt uns, dass nicht nur das Messbare existiert. Dazu muss ich nicht esoterisch sein“, erklärt Faber seinen Standpunkt zum Thema Segnungen. Da gebe ihm der bekannte Mediziner und Theologe Johannes Huber recht.

Doch was braucht man, um ein Gebäude oder Räumlichke­iten einweihen zu lassen? Auf alle Fälle einen religiösen Gegenstand, etwa ein Kreuz oder ein Bild von gefalteten Händen. Der Dompfarrer geht bei Bedarf auch auf verschiede­ne religiöse Gruppen ein und segnet dann mit ökumenisch interrelig­iöser Offenheit. Weihwasser ist grundsätzl­ich wichtig für die Zeremonie, aber zur Not tun es auch ein paar Tropfen Champagner, wie Faber von einer außergewöh­nlichen Geschäftse­inweihung im ersten Bezirk berichtet, die ganz spontan zustande kam. Im Normalfall trägt er aber eine Art Stift, das sogenannte Aspergill, mit sich, der mit geweihtem Wasser gefüllt ist. Toni Faber erscheint zu Einweihung­en mit Priesterhe­md und einer Stola. Den Gebetsscha­l sucht er je nach Anlass aus: „Bei den Farben versuche ich Rücksicht auf die Firmenfarb­en zu nehmen. Das muss man schon lebenszuge­wandt und humorvoll machen, damit die Leute nicht glauben, sie sind bei einem Kerzenschl­uckerverei­n.“Je nach Situation geht er auf die Geschichte, die Gründung und die Umstände der Segnung ein. Vor kurzem hat er die Vereinsnie­derlassung der Österreich­ischen Gesellscha­ft vom Goldenen Kreuz gesegnet. Auch bei der Segnung des Vinzidorfe­s durch Weihbischo­f Franz Scharl war Faber mit dabei.

Bei der Wirtschaft­skammer Wien erklärt man sich die Motivation der Handels- und Gewerbetre­ibenden, aber auch vieler Einpersone­nunternehm­er für Einweihung­en so: „Die Menschen sind stolz auf den neuen Standort, haben ihn oft selbst gebaut oder eingericht­et und möch- ten das zelebriere­n und nebenbei bekanntmac­hen.“So eine Eröffnung funktionie­rt natürlich auch ohne Kirchenman­n, doch wo Toni Faber dabei ist, ist auch Aufmerksam­keit garantiert, was auch nicht schlecht fürs Geschäft ist.

Beim Office-Opening der Beratungsa­gentur Czipin im Palais Helmer & Fellner in Wien hat man heuer eine geheimnisv­olle Kiste mit gesegneten Gegenständ­en, die für die tägliche Arbeit wichtig sind, mit dem Dompfarrer vergraben, darin ein kleiner roter Elefant (Firmenlogo), ein Schlüssel und ein Auto. „Ich entstamme einer gläubigen Familie, Rituale hatten immer eine wichtige Bedeutung, und diese haben bei uns in der Agentur ebenso eine tragende Rolle“, so Alois Czipin.

Dass seine Einweihung­en oft als Promi-Events abgetan werden, will der Dompfarrer so nicht stehenlass­en: „Weil ich beim geplanten Steirereck-Segnungste­rmin wegen einer Fortbildun­g nicht dabei sein konnte, habe ich es im intimen Rahmen mit Familie und Mitarbeite­rn gemacht.“

Segen vom Papst

Man müsse nicht unbedingt einen bekannten Namen haben, um seinen Segen zu bekommen. Eine junge Frau, deren Mutter er vor 20 Jahren seelsorger­isch geholfen hat, hat ihn gebeten, ihre Wohnung einzuweihe­n, und das hat er vor kurzem auch gemacht.

Seine Dienstwohn­ung hat übrigens indirekt der Papst höchstpers­önlich gesegnet: Benedikt XVI. hat 2007 seinen Segen beim Gottesdien­st im Stephansdo­m genau in Richtung des Pfarrhause­s gespendet. Eine Woche später ist Faber dort eingezogen. Gesegnet hat er sie dann selber auch noch. Doppelt hält schließlic­h besser.

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Da staunten sogar die Fische: Dompfarrer Toni Faber bei der Eröffnung des Atlantiktu­nnel-Aquariums im Haus des Meeres.
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