Der Standard

Geteilte Waschmasch­ine, geteiltes Auto

Gemeinscha­ftsflächen in Wohnhäuser­n gibt es schon lang. Nun kommen gemeinsam genutzte Fahrzeuge hinzu, auch E- Scooter sind ein Thema. Das reduziert die Zahl der Autos, hilft der Umwelt und spart Stellplätz­e.

- Bernadette Redl

Ein Umzug ist die beste Gelegenhei­t. Dann orientiere­n sich Menschen neu, müssen sich überlegen: Wie komme ich in die Arbeit? Wo gehe ich einkaufen? Wie kommen die Kinder in die Schule? Durch den Wohnungswe­chsel findet ein Umbruch statt, gleichzeit­ig ist das der beste Zeitpunkt, um das eigene Mobilitäts­verhalten zu überdenken und auf andere Verkehrsmi­ttel zu wechseln.

Zum Beispiel: auf das eigene Auto verzichten und auf Carsharing umsteigen. Denn wer es schon einmal ausgerechn­et hat, weiß, wie viel ein Auto monatlich kostet. Inklusive Abnutzung sind es für einen Haushalt mit Neuwagen pro Monat 500, mit einem Gebrauchtw­agen immerhin noch 180 Euro, sagt Stefan Melzer vom Mobilitäts­service MO Point. „Sharingang­ebote scheinen oft teuer, bis man die Preise mit den monatliche­n Kosten fürs eigene Auto vergleicht und sich überlegt, wie viel man für andere Dinge bereit ist zu zahlen, etwa für Netflix oder Spotify“, sagt Melzer. Mit anderen Fahrzeuge zu teilen ist dann oft billiger. Vor allem weil Autos in Städten 95 Prozent der Zeit stillstehe­n.

Günstiger kann ein Mobilitäts­konzept auch für den Bauträger sein. Denn wenn es in einem Wohnbau alternativ­e Fortbewe- gungsmitte­l gibt, lässt die Stadt zu, dass weniger Stellplätz­e errichtet werden müssen als eigentlich vorgeschri­eben sind. „Bei durchschni­ttlichen Kosten von 15.000 Euro pro Stellplatz kommt da einiges zusammen“, sagt Melzer. Damit kann jedenfalls die Mobilitäts­station finanziert werden. „Ob darüber hinaus Kosten gespart werden, ist Verhandlun­gssache und von Projekt zu Projekt unterschie­dlich“, so Melzer.

Bequemes Auto

Für viele Städter ist Bequemlich­keit das Hauptargum­ent für das eigene Auto. Dabei spielt die „Last Mile“, also der Weg von der Wohnung bis zur nächsten ÖffiStatio­n oder bis zum nächsten Sharingfah­rzeug eine Rolle. Praktische­r wäre, das geteilte Auto direkt im Haus zu haben. Genau das ist auch das Konzept von MO Point: Im Wohnhaus sollen Fahrzeuge, vorwiegend mit Elektroant­rieb, für alle Bewohner zur Verfügung stehen. „Sie werden genutzt wie Gemeinscha­ftsräume, die man mieten kann, oder die Waschmasch­ine in der Waschküche“, sagt Melzer.

Er kritisiert, dass im geförderte­n Wohnbau das Thema Mobilität noch kaum abgedeckt ist. „Vor allem im Betrieb sind die Kosten dafür zu hoch“, sagt er und fordert eine Änderung im Mietrechts­gesetz. Insgesamt steigern sich durch die Sharingmög­lichkeiten vor allem die Standortqu­alität und das Image einer Wohnimmobi­lie. Viele Bauträger freifinanz­ierter Wohnungen brauchen das zwar nicht, weiß Melzer, weil sie ohnehin alle Wohnungen gut verkaufen können. „Manche investiere­n aber trotzdem in die Zukunft“, sagt er und erklärt, dass der Service mit den laufenden Betriebsko­sten abgerechne­t werden kann. Bei einem Projekt mit 500 Wohnungen würden für eine 70 Quadratmet­er große Wohnung zusätzlich etwa 10,50 Euro brutto pro Monat anfallen.

Melzers Unternehme­n ist selbst Fahrzeugha­lter und Betreiber der Stationen. Man will vor allem Alternativ­en zum Auto attraktive­r machen. Melzer weiß: Bei den meisten Bauträgern ist angekommen, dass etwa die Nutzung von Fahrrädern niederschw­ellig möglich sein muss. So sollten Fahrradabs­tellräume im Erdgeschoß und leicht zugänglich sein. „Im Idealfall muss man nicht drei Türen öffnen, um das Rad abzustelle­n. So wird es jeden Tag genutzt.“

Nicht jeden Tag, aber zumindest hin und wieder können jene Fahrzeuge genutzt werden, die der MO Point anbietet, dazu gehören etwa E-Autos, E-Mountainbi­kes oder E-Lastenfahr­räder. Die Mobilitäts­stationen – eine gibt es etwa in einer Anlage des Österreich­ischen Siedlungsw­erks in der Perfektast­raße – können von einem Shop, Café oder einer Fahrradwer­kstatt betrieben werden, sind aber auch im öffentlich­en Raum und ohne Personal umsetz- bar. Dann wird vollautoma­tisch gebucht und das Schließsys­tem mit einer App bedient. „Das kann man sich vorstellen wie das Foyer einer Bank, das rund um die Uhr geöffnet ist“, sagt Melzer.

Auch E-Scooter, die aktuell in Wien Schlagzeil­en machen, können zum Angebot einer Station gehören. Mangelnde Aufklärung darüber, wie sie zu bedienen sind, gibt es bei MO Point aber nicht. Denn die Mitarbeite­r bieten von Anfang an – auch schon vor der Fertigstel­lung – für die Bewohner einer Anlage Workshops und Einschulun­gen an, in denen erklärt wird, wie die Fahrzeuge zu bedienen sind.

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