„Ich will nicht Millionär werden“
Michael Roselieb (56) hat mit Partnern eines der größten Biomassekraftwerke des Landes gekauft. Was macht er damit? Indoor Vertical Farming im Südburgenland, sagt der Unternehmer.
Eigentlich bin ich aus Wien – vor drei Jahren bin ich hierhergekommen. Ich habe die Permakulturausbildung bei Geoff Lawton gemacht und auch die landwirtschaftliche Facharbeiterausbildung, also auch das Konventionelle – unglaublich viel Stoff! Die Leute haben mich hier so angenommen, so herzlich aufgenommen, na klar bin ich der Wiener, der ins Südburgenland gezogen ist. Ich wollte aber nie der sein, der auf seinem Grundstück herumbaggert und alles besser weiß.
Ich lebe hier gern, singe im Chor in Neuberg, auch kroatisch, das lerne ich gerade und kann es natürlich noch nicht besonders gut.
Möglich geworden ist das Ganze überhaupt erst, weil mein Sohn die Matura gemacht hatte und die Tochter meiner Frau in ihr selbstständiges Leben gewachsen ist. Da habe ich Freiraum verspürt.
Ja, sieben Hektar ist es groß, das Grundstück, ein Südwesthang eines Hügels, quasi eine Sackgasse, von der aus nur noch ein kleiner Forstweg weitergeht. Das hat auch den Vorteil, dass mir niemand Chemikalien draufsprühen kann.
In den landwirtschaftlichen Kursen habe ich den Tiroler Mathias kennengelernt, eigentlich ein Architekt von seiner Herkunft her, der hier mit seinem Grund auch etwas Neues machen wollte. Ich komme irgendwie immer aus dem Unternehmertum, obwohl ich mit 18 schon Bauer sein wollte. Jetzt bin ich beides.
Jedenfalls haben wir uns zusammengesetzt, Ideen gestapelt und wieder verworfen, wieder gestapelt. Wir wollten hier in der Gemeinde etwas Positives machen und beitragen – das Südburgenland ist ja auch nicht gerade eine Region, in der es zu viele Jobs gibt ...
Es hat sich dann eine Idee auf drei Säulen geformt: Gartenbau, Gebäudetechnik und Energie für die Landwirtschaft – und das autark. Mathias hat Know-how als Architekt, ich habe mir mein Haus aus Containern gebaut und dabei viel Erfahrung gesammelt. Wir suchten ein geeignetes Betriebsgrundstück und kamen so in den Businesspark Heiligenkreuz. Bei einer Rundfahrt hat uns der dortige Leiter so nebenbei gesagt, angeblich verkaufe die Energie Burgenland ihr Biomassekraftwerk auf dem Gelände. Wir haben am nächsten Tag dort angerufen. Dann PROTOKOLL: habe ich über meinen Salzburger Steuerberater Investoren gesucht, und es ist ein Team zusammengekommen, das einfach gut passt und langfristig interessiert ist.
Natürlich muss es sich rechnen – aber ich will nicht Millionär werden. Und die anderen denken ebenso, sie wollen etwas in Gang setzen, etwas regional bewirken.
Das ist dann eigentlich recht schnell gegangen. Seit Oktober gehört uns das Kraftwerk mit einem Output von zehn Megawatt Strom und zehn Megawatt Dampf, den nimmt die Lenzing hier ab. Wir verheizen pro Jahr 83.000 Atro- Tonnen (das heißt absolut trockenes Holz). Nur aus der Region. Das sind 25 Lkws täglich. 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten im Kraftwerk. Über den Kaufpreis will ich nicht reden – es war ein Asset-Deal.
Man kann sich das Konzept so vorstellen, dass wir einen Zirkel auf der Landkarte beim Kraftwerk ansetzen und einen Radius von 42 Kilometern ziehen. So heißt auch die Firma: 42. Ja genau, so wie die Antwort auf alles in Douglas Adams’ Hitchhiker’s Guide to the Galaxy. Das freut mich, dass ich das nicht erklären muss! Aber: Ziffern und Zahlen funktionieren grenzüber- greifend als Namen, das Konzept soll ja auch vervielfältigbar sein. Im Gegensatz zu Glashäusern, etwa in den Niederlanden, sind wir mit der Energieunabhängigkeit vom großen Markt nicht den Zyklen unterworfen, etwa des Gaspreises. Das ist der Clou an der Sache.
Was wir genau anbauen werden? Wir haben jetzt aus einer Konkursmasse auch eine 10.000 Quadratmeter große Halle gekauft und machen mit der Universität für Bodenkultur gerade Forschungsund Pilotprojekte.
Wir hatten alles auf dem Radar, auch Hanf. Am rentabelsten erscheint der Anbau von Pflanzen für die Pharma- und Kosmetikindustrie von Beinwell bis Lavendel. Aber mit unserem System der abgeschlossenen Container, Indoor Vertical Farming ist der Fachbegriff, ist es so, dass wir alle Umweltbedingungen für alle Pflanzen herstellen können, wir können sämtliche Parameter regeln.
Wie ich das mit den Investoren gemacht habe? Es hat einfach alles gepasst. Ich habe einen sauberen Businessplan gemacht, natürlich haben wir auch verhandelt. Aber letztlich hat alles einfach gepasst.
Man kann all das, das Grundstück, mein Zusammentreffen mit Mathias, die Investoren, das Kraftwerk, natürlich „Zufall“nennen, wenn man möchte.
Ich will kein Millionär werden. Es geht um Wichtigeres: Solange ich noch Kraft habe, möchte ich als Unternehmer etwas Positives bewirken.
Das Verbinden vieler Aspekte war mir immer wichtig, ich habe ja auch in Wien regelmäßig im Altersheim Ukulele gespielt. Das mache ich noch immer, gebe auch noch Kurse. Musiker bleibe ich sowieso. Für die Holzskulpturen habe ich aktuell keine Zeit. Aber wer weiß.