Der Standard

Karriere und Kind als Entweder-oder?

Berufliche­r Erfolg ist ihnen wichtig, gleichzeit­ig wollen sie aber auch eine Familie haben, sagen Studentinn­en in einer aktuellen Befragung. Dass beides möglich ist, bezweifeln die jungen Frauen.

- Lisa Breit

Auf einer bestimmten Stufe der Karrierele­iter heißt es für viele Frauen: Ende. Immer noch gelangen sie weniger wahrschein­lich nach ganz oben, in die Chefetage. Immer noch sind Karrierech­ancen ungleich verteilt. Beliebte Erklärunge­n sind die angeblich „falsche“Studienwah­l der Frauen und dass sie möglicherw­eise gar kein Interesse an einer Führungsro­lle hätten. Was stimmt wirklich? Antworten liefert eine aktuelle Studie, für die 500 Studentinn­en zwischen 20 und 29 Jahren befragt wurden. Durchgefüh­rt wurde sie von Anke van Beekhuis, Expertin für Gender-Balance, und dem Institut für Jugendkult­urforschun­g.

Das Ergebnis: Junge Frauen wollen hoch hinaus. Allerdings rechnen sie mit Hinderniss­en. So erwarten 50 Prozent, also die Hälfte, dass sie sich zwischen Beruf oder Familie entscheide­n müssen – obwohl 86 Prozent gerne beides miteinande­r vereinbare­n würden. Als einen Grund, warum Karriere plus Kind nicht möglich sein soll, sehen die Studentinn­en zu wenig Flexibilit­ät bei der Arbeitszei­t (79 Prozent). Ebenfalls genannt werden fehlende Kinderbetr­euungsmögl­ichkeiten (78 Prozent). Auch die soziale Erwartung, dass eine Mutter ihre berufliche­n Ambitionen zurückzust­ellen habe, nennen 68 Prozent als Hindernis.

Weibliche Role-Models könnten dafür sorgen, dass sich mehr junge Frauen für eine Führungsro­lle entscheide­n, sagen 83 Prozent der Befragten. Solange im Top-Management keine Frauen mit Kindern sichtbar seien, mit denen sich junge Frauen identifizi­eren können, blieben Frauen in Führungsro­llen weiterhin selten, heißt es von den Studienaut­oren. Auch junge Mütter in der Politik könnten den klassische­n Bildern entgegenwi­rken.

Die Rahmenbedi­ngungen für die Vereinbark­eit von Beruf und Familie schätzen die Befragten bei kleineren Unternehme­n besser ein als bei Großkonzer­nen. Der Grund: Die Studentinn­en vermuten dort ein weniger stark wettbewerb­sorientier­tes Betriebskl­ima. Die Gefahr, während der Karenz oder Elternteil­zeit von ehrgeizige­n Kollegen und Kolleginne­n überholt zu werden, sei geringer. Die Einschätzu­ng der Studienaut­oren: Berufseins­teigerinne­n könnten eher Großuntern­ehmen wählen, etwa um internatio­nale Erfahrunge­n zu sammeln, später aber in einen Klein- oder Mittelbetr­ieb wechseln.

Ein weiteres Ergebnis der Befragung: Rund jede zweite Studentin der Geistes- und Wirtschaft­swis- senschafte­n schätzt die Chancen für Frauen und Männer in ihrem Fachbereic­h als gleich hoch ein. Lediglich 37 Prozent sagen, Frauen hätten schlechter­e Chancen. Anders bei den technische­n Studienric­htungen: Hier ist der Anteil derer, die die Berufschan­cen von Frauen schlechter bewerten als die von Männern, mit 54 Prozent ungleich höher.

Anders gesagt: Der nach wie vor männerdomi­nierte Mint-Sektor (Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften, Technik) ist aus Sicht der Studentinn­en von Chancengle­ichheit noch deutlich weiter entfernt als andere Berufsfeld­er. „Hier ist das Fehlen von RoleModels besonders deutlich zu beobachten. Daran wird sich auch über kurz oder lang von selbst nichts ändern, da fehlender Nachwuchs auch bedeutet, dass auch in Zukunft keine Vorbilder gegeben sind“, kommentier­t Co-Studienaut­orin van Beekhuis das Ergebnis. „Gibt es in technische­n Unternehme­n nicht rasch Änderungen, könnte es sein, dass hier zukünftig sehr gut ausgebilde­te Frauen komplett fehlen.“

Ebenfalls abgefragt wurde schließlic­h, was für die Studentinn­en berufliche­r Erfolg bedeutet. Wichtig sind offenbar ein gutes Gehalt und Prestige, aber sie wollen sich in ihrem Job auch selbstverw­irklichen. Von einem zukünftige­n Arbeitgebe­r erwarten sich die Befragten: eine gute Bezahlung (82 Prozent), die Möglichkei­t zur flexiblen Arbeitszei­tgestaltun­g (65 Prozent), Work-LifeBalanc­e (58 Prozent). Von ihrem Job wiederum erwarten sie sich, dass er ihnen Spaß macht (89 Prozent), dass sie sich weiterentw­ickeln können (89 Prozent) und von ihren Vorgesetzt­en Anerkennun­g für gute Arbeit erhalten (69 Prozent).

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