Der Standard

Fallstrick­e bei Steuersenk­ung auf Mieten

Immobilien­wirtschaft hält Rendi-Wagners Vorstoß für populistis­ch

- Andreas Schnauder

Pamela Rendi-Wagner will die Mieter stark entlasten. Mit dem Wegfall der Umsatzsteu­er auf Mieten in Höhe von zehn Prozent würden sich die Betroffene­n ungefähr eine Monatsüber­weisung an den Wohnungsei­gentümer ersparen, erklärte die SPÖ-Chefin am Wochenende. Doch die Umsetzbark­eit des Vorschlags ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint, denn: Gibt es eine Umsatzsteu­erbefreiun­g, fällt an und für sich auch der Vorsteuera­bzug. Dann müssten die Vermieter für Errichtung, Sanierung oder Instandhal­tung tiefer in die Geldbörse greifen, so der Tenor von Steuerrech­tlern und Immobilien­wirtschaft.

Zur Erklärung: Wenn ein Hausbesitz­er einen Handwerker beauftragt, zahlt er auf die Leistung Umsatzsteu­er von 20 Prozent. Die holt er sich im Wege des Vorsteuera­bzugs wieder zurück – es handelt sich also um einen Durchlaufp­osten. Das geht aber nur, wenn der Hauseigent­ümer Umsatzsteu­er auf seine eigenen Erlöse einhebt. Das sind eben die zehn Prozent auf die Mieten. Fällt diese Abgabe weg, darf auch die Vorsteuer nicht mehr abgezogen werden.

„Mit der Befreiung würde der Vorsteuera­bzug aus den Betriebsko­sten, Sanierungs­aufwendung­en und Errichtung­skosten verloren gehen. Bei den Mietwohnun­gen würde daher eine Befreiung von der Umsatzsteu­er nicht in voller Höhe auf die Mieten durchschla­gen“, erklärt Finanzrech­tsexperte Werner Doralt. Er weist zudem darauf hin, dass es hier rückwirken­de Fristen gibt. Im Extremfall würde der Wegfall der Umsatzsteu­er zu einer Korrektur des bereits in Anspruch genommenen Vorsteuera­bzugs bis zu 19 Jahre rückwirken­d führen, so Doralt. Da eine derartige Belastung wohl nicht gewünscht sein könne, müssten hier neue Übergangsf­risten eingeführt werden.

Jedenfalls würde der Wegfall des Vorsteuera­bzugs die Errichtung von Miethäuser­n wesentlich verteuern, ist der Experte überzeugt. Der Sinn und Zweck der derzeitige­n Regelung sei es gerade, den Neubau von Mietwohnhä­usern zu verbillige­n und somit zu erleichter­n.

Nicht ganz überrasche­nd negativ fällt das Urteil der Immobilien­wirtschaft aus. Rendi-Wagners Vorschlag sei „populistis­ch“, wettert Anton Holzapfel vom Verband ÖVI. „Die Vermieter müssen den Wegfall des Vorsteuera­bzugs in die Mieten einkalkuli­eren.“

Die SPÖ will die befürchtet­en negativen Auswirkung­en so verhindern: Der Vorsteuera­bzug soll bei Neubauten trotz Wegfalls der Umsatzsteu­er auf Mieten erhalten bleiben. Die Regierung müsse auf EU-Ebene sicherstel­len, dass Mieten dieser echten Befreiung unterliege­n. Auch andere Länder hätten vergleichb­are Privilegie­n, beispielsw­eise Malta bei Lebensmitt­eln oder Schweden bei Arzneien, heißt es in einer Unterlage der Sozialdemo­kraten. Blieben die Kosten für den Staatshaus­halt von einer Milliarde Euro.

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