Der Standard

Kickl weist die Verantwort­ung von sich

Im U-Ausschuss zur BVT-Affäre musste am Dienstag Innenminis­ter Herbert Kickl Rede und Antwort stehen. Die Abgeordnet­en versuchten, seine Verteidigu­ng zu durchlöche­rn, blieben dabei aber meist erfolglos.

- Fabian Schmid, Lara Hagen

Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) stellte sich am Dienstag dem parlamenta­rischen U-Ausschuss zur BVT-Affäre. Er wies die Verantwort­ung für das heftig kritisiert­e Vorgehen seiner Mitarbeite­r von sich, außerdem verwies er auf die Staatsanwa­ltschaft als „Herrin des Verfahrens“. Kickls Auftritt hätte eigentlich der Abschluss des ersten Kapitels im U-Ausschuss werden sollen, doch mit Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) steht schon heute, Mittwoch, die nächste hochrangig­e Auskunftsp­erson parat.

Sogar die Technik war nervös: Erstmals seit dem Beginn des Untersuchu­ngsausschu­sses fielen regelmäßig Bild- und Tonübertra­gung aus dem Ausschussl­okal aus, und das ausgerechn­et beim ersten Ministerbe­such. Dass mit Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) die bislang prominente­ste Auskunftsp­erson vor dem U-Ausschuss Platz nahm, merkte man schon am großen Medienandr­ang.

Bei den Abgeordnet­en und anwesenden Journalist­en war eine hohe Erwartungs­haltung spürbar, wenngleich der in U-Ausschüsse­n durchaus erfahrene Peter Pilz davor warnte, heute mit der „rauchenden Pistole“zu rechnen.

Tatsächlic­h zeigte sich im Lauf der Befragung, dass sich Kickl zwar in kleinere Widersprüc­he verstrickt­e – meistens zu eigenen parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortunge­n –, seine Verteidigu­ng den Sturmläufe­n der Abgeordnet­en jedoch prinzipiel­l standhielt. An dieser Mauer hatten zuvor schon Generalsek­retär Peter Goldgruber und dessen Mitarbeite­r Udo Lett mitgebaut, die Kickl in ihren Aussagen aus der Schusslini­e genommen hatten.

Der Innenminis­ter vollführte in seinen Antworten eine Gratwander­ung: Einerseits musste er den Eindruck erwecken, über Vorgänge in seinem Haus ausreichen­d informiert worden zu sein; anderersei­ts musste er Distanz zu den konkreten Handlungen seiner Mitarbeite­r setzen, da diese vielfach in die Kritik geraten waren.

Es ist keine Frage, ob ich die Vorwürfe für glaubwürdi­g halte. Ich bin kein Richter. Innenminis­ter Kickl über Vorwürfe gegen Beamte

Verantwort­ung delegiert

Zum berüchtigt­en Konvolut voller Vorwürfe gegen Mitarbeite­r des Innenminis­teriums gab Kickl an, dass er das schon als Generalsek­retär der FPÖ erhalten habe. Er beurteilte es damals als Anreiz für „Dirty Campaignin­g“im Wahlkampf, wovon er jedoch noch nie ein Fan gewesen sei. Als Innenminis­ter machte ihn dann Generalsek­retär Goldgruber auf das Dokument aufmerksam.

Kickl beauftragt­e laut seiner Darstellun­g daraufhin Goldgruber, sich um die Causa zu kümmern. Den Auftrag, im BVT „aufzuräume­n“– so soll es Goldgruber laut der Staatsanwä­ltin formuliert haben –, habe er nie erteilt, dementiert­e Kickl. Er habe Goldgruber als langjährig­em Spitzenpol­izisten die nötige Kompetenz zugetraut, die richtigen Schritte zu setzen. Über bestimmte Schritte – etwa Gespräche des Generalsek­re- tärs mit der Staatsanwa­ltschaft – sei er zeitnah informiert worden.

Zur Frage der internatio­nalen Kooperatio­n zwischen dem BVT und Partnerdie­nsten gab Kickl an, die Öffentlich­keit „immer transparen­t“informiert zu haben. Dass angeblich ein Fall aus dem Vorjahr für die Vertrauens­krise mit dem Ausland verantwort­lich sei, habe er zu seinem „eigenen Erstaunen“ erst vor wenigen Wochen durch eine Aussendung der Generaldir­ektorin für Öffentlich­e Sicherheit, Michaela Kardeis, erfahren.

Wer beantworte­t Anfragen?

Ob Goldgruber bei BVT-Chef Peter Gridling nach verdeckten Ermittlern im Burschensc­hafterbere­ich gefragt habe, wollte Kickl gar nicht beantworte­n. Das sei eine hypothetis­che Frage, so Kickl.

Mehrfach wiesen Opposition­spolitiker, etwa Stephanie Krisper (Neos) oder Jan Krainer (SPÖ), darauf hin, dass Kickl seinen eigenen parlamenta­rischen Anfragebea­ntwortunge­n widersproc­hen habe. Kickl gab dazu an, dass er diese Anfragebea­ntwortunge­n „nicht persönlich verfasse“, sondern sich von Mitarbeite­rn vorlegen lasse. Die Ausschussv­orsitzende Doris Bures (SPÖ) stellte daraufhin klar, dass die Verantwort­ung für die korrekte Beantwortu­ng parlamenta­rischer Anfragen sehr wohl beim „höchsten Organ“, also beim Minister, liege.

Zwangspens­ionierunge­n

Kickl versprach daraufhin, zu prüfen, ob sich die gegebenen parlamenta­rischen Anfrage beantwortu­ngen aktualisie­ren ließen. Zur geplanten Pensionier­ung von Extremismu­s referats leiterin G. gab Kickl an, gar nichts zu wissen.

Viel hatte dazu allerdings MichaelaKa­rd eis, Generaldir­ektor in für Öffentlich­e Sicherheit, zu sagen. Ihre Befragung startete am frühen Nachmittag, sie drehte sich vor allem um ein Gespräch mit G., das Kardeis laut eigenen Angaben „mit dem Holzhammer“geführt habe. Kardeis gab an, G. davor gewarnt zu haben, dass „sie dich loswerden wollen“. Gemeint war das Generalsek­retariat unter Goldgruber, das angeblich über den Zustand von G.s Büro („chaotisch“) entsetzt gewesen sein soll. BVT-Vize Dominik Fasching, der Gridling zu dessen Suspendier­ung vertreten hat, soll laut Kardeis mit ihr besprochen haben, wie man G. „mit Stil loswerden“könne.

Außerdem wurde Kardeis befragt, wie die Suspendier­ungen Gridlings und anderer Beschuldig­ter zustande gekommen waren. Kardeis gab an, dass es dabei immer „Abwägungen“brauche. Jedwede Suspendier­ung brauche „Fleisch“, wie es in einer E-Mail von Kardeis hieß.

Der U-Ausschuss war der erste, an dem Polizisten statt externer Wachleute für Sicherheit sorgten. Ausschussv­orsitzende Doris Bures (SPÖ) entschuldi­gte sich zu Beginn der Befragunge­n bei den Journalist­en für die Sicherheit­slücke, die durch einen SecurityMi­tarbeiter mit Neonazi-Kontakten entstanden war. Kommentar S. 32

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Foto: APA/Punz Michaela Kardeis, Generaldir­ektorin für Öffentlich­e Sicherheit.

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