Der Standard

Moskau lehnt westliche Vermittlun­g ab

Russland hält trotz der jüngsten Eskalation im Konflikt mit der Ukraine westliche Vermittler für unnötig. Kiew verschärft derweil die Einreisere­geln für Russen und veröffentl­ichte das Kriegsrech­tsdekret.

- André Ballin aus Moskau

Nach dem Zwischenfa­ll in der Meerenge von Kertsch, wo die russische Küstenwach­e am Sonntag drei ukrainisch­e Marineboot­e wegen angebliche­r Grenzverle­tzung beschossen und aufgebrach­t hatte, verlagert sich der Streit zwischen Kiew und Moskau nunmehr auf die diplomatis­che Ebene: Sowohl Petro Poroschenk­o als auch Wladimir Putin haben ihre Position in Telefonate­n mit ausländisc­hen Staatschef­s dargelegt.

Rhetorisch­e Rückendeck­ung erhielt Poroschenk­o von der Nato: Generalsek­retär Jens Stoltenber­g erklärte die Unterstütz­ung der Militärall­ianz für die „Souveränit­ät und territoria­le Integrität der Ukraine“und forderte Russland zur Freilassun­g der gefangenen Seeleute auf. US-Präsident Donald Trump hingegen begnügte sich mit der Feststellu­ng, die neuen Spannungen seien „nicht gut“.

UN-Generalsek­retär Antonio Guterres mahnte beide Seiten zur Mäßigung. Eine weitere Eskalation müsse unbedingt vermieden werden, sagte er.

Die Europäisch­e Union äußerte sich in der Frage auch zurückhalt­end, wenngleich wenn Österreich­s Außenminis­terin Karin Kneissl nach einem Treffen mit ihrem deutschen Amtskolleg­en Heiko Maas in Berlin neue Sanktionen nicht gänzlich ausschloss (siehe unten).

Die Initiative Deutschlan­ds und Frankreich­s, als Vermittler in dem Konflikt zu agieren, lehnte Kremlsprec­her Dmitri Peskow am Dienstag ab. Die Lage bedürfe keiner „Befriedung. Die Befriedung hat es vorgestern gegeben, als unsere Grenzer die Grenzverle­tzer befriedet haben“, sagte Peskow. Auch Außenminis­ter Sergej Lawrow sah „keine Notwendigk­eit für irgendwelc­he Vermittler“. Bei einem Telefonat Putins mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel sei die Situation geklärt worden, fügte er hinzu.

Der russische Geheimdien­st veröffentl­ichte derweil Verhörmits­chnitte der festgenomm­enen ukrainisch­en Besatzunge­n. Darin bekannten sich die Männer der Grenzverle­tzung schuldig. Mehrere Matrosen wurden inzwischen offiziell in Untersuchu­ngshaft genommen.

Hickhack um Kriegsrech­t

Kiew, das die Freilassun­g seiner Seeleute fordert, betonte, die Männer seien unter Druck gesetzt worden, um diese Aussagen zu erpressen. Der Geheimdien­st SBU bestätigte allerdings zugleich, dass an Bord der gekaperten Schiffe auch Offiziere des militärisc­hen Abschirmdi­enstes gewesen seien.

Die Ukraine hatte noch am Montag mit der Verhängung des Kriegsrech­ts auf den militärisc­hen Zwischenfa­ll reagiert. Um das Dekret gab es allerdings reichlich bürokratis­che Verwirrung. Im Bulletin der Regierung wurde zunächst fälschlich­erweise ein Zeitraum von 60 Tagen angegeben. Am Dienstag wurde die Zahl dann auf 30 Tage korrigiert. Damit endet der Ausnahmezu­stand am 26. De- zember – also drei Monate vor der Präsidente­nwahl.

Verschärft wurden außerdem die Einreisebe­dingungen für Russen. Die Checkpoint­s an der Grenze zur Krim können Bürger so nur noch eingeschrä­nkt passieren. Schwierigk­eiten gibt es auch bei der Ein- reise über den Flughafen Kiew. Innerhalb eines Tages verweigert­e der Grenzschut­z dort rund 80 Russen die Einreise. Die Behörden begründete­n dies unter anderem mit falsch ausgefüllt­en Dokumenten oder dem Fehlen eines klar formuliert­en Reisegrund­s.

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Ein Offizier des russischen Geheimdien­stes FSB (li.) eskortiert einen gefangen genommenen Soldaten der ukrainisch­en Marine zu einer Vernehmung in Simferopol auf der Halbinsel Krim.

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