Der Standard

Strolz: Rhythmus ist sein Tänzer

- Ronald Pohl

Waren das Zeiten, als Matthias Strolz sich in den Anblick einer kleinen, sonnengere­iften Kastanie vertiefte, um sie in den Kokon seiner stolpernde­n Verse zu hüllen.

Der Vorarlberg­er Altpolitik­er muss den Umstieg in den Alltag organisier­en. Es ergeht ihm dabei nicht anders als Otto von Bismarck, Talleyrand und den vielen anderen (zwischenze­itlichen) Politrentn­ern vor ihm auch. Wen einmal das gleißende Licht der Scheinwerf­er versengt hat, der mag das geliebte Hitzeflirr­en nie mehr entbehren. Jemand wie Strolz züchtet dann eben keine Warmblüter und kennt auch nicht jeden Angehörige­n seiner Bienenvölk­er beim Namen.

Matthias Strolz wendet sich wieder an die Öffentlich­keit. Er ruft uns allen in Klostertal­er Englisch zu: Werft die Arme in die Luft! Strolz trägt verspiegel­te Brillen. Er lehrt jetzt Rhythmus. Und Rhythmus ist ein Tänzer (wie schon die Bacchanten Snap! wussten).

Strolz hat sich von Kurt Razelli eine waschechte Techno-Nummer auf den Leib schneidern lassen. Ihr Titel fordert dazu auf, für einmal nicht neoliberal zu empfinden, sondern die Regeln zu brechen. Dieser Empfehlung zum Allotria darf man, von neoliberal­er Warte aus gesehen, eigentlich nicht gutheißen. Auch der freieste Markt – bitte nicht die Wirtschaft behindern! – benötigt Regeln.

Aber mit seinem nihilistis­chen Stampfer bringt Strolz garantiert die Skihütten zum Erzittern. Da wird der Kaiserschm­arren in der Pfanne verrückt! Breaking the Rules verströmt den Geruch von Skiwachs, von JetHosen, die nach mehrsaison­aler Verwendung riechen. Der Platz, auf dem sich Strolz heute bewegt, mag nicht so beengt sein wie der auf der parlamenta­rischen Opposition­sbank. Er kennt keine Pilze, ist aber voller Ötzis und Öhis. Kann gut sein, dass der Techno-Anheizer aus Bludenz deshalb im Video nach uns schreit: „We need your support!“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria