Der Standard

Tutti Frutti mit Marzipan

- Birgit Baumann

Heidi heißt jetzt Sylvie, und es ist alles noch viel schlimmer. So könnte die Kurzfassun­g von dem lauten, was RTL derzeit am Mittwoch um 20.15 Uhr serviert. Aber man täte Sylvies Dessous Models damit unrecht.

Es ist eine jener Sendungen, die hohe Konzentrat­ion erfordern, weil man zwei Stunden lang ungläubig überlegt, ob das nicht vielleicht doch Satire ist.

Sylvie Meis also – Moderatori­n und Model – sucht für ihre Unterwäsch­ekollektio­n ein Model und lässt, wie dereinst Heidi Klum, junge Frauen um den Job kämpfen, um es möglichst neutral zu formuliere­n.

Ist klar, dass ein „Girl“(so heißen die Frauen dort) eine fesche Kombinäsch nicht im Skianzug präsentier­t. Noch Fragen? Eigentlich nicht. Es geht wirklich nur noch um Busen und Hintern, da ist das Format so ehrlich wie einst Tutti Frutti. Erholung bietet der Blick auf die vielen falschen Wimpern und ebensolche­n Fingernäge­l.

Die „Girls“sind allesamt total mega, Hammer, Knaller, supersinnl­ich und cute. Alles ist sehr platt, ah pardon, nicht platt, sondern „hot“. Das war jetzt ein Freud’scher Verhörer angesichts des Dargeboten­en.

In der ersten Folge musste Sylvie allerdings einen mittleren Schock verkraften. Da tanzte tatsächlic­h ein „Girl“barfuß statt in Stöckelsch­uhen an und trug auch noch ein Nasenpierc­ing. Ein „Risiko“, meinte Sylvie, und raus war das bedauernsw­erte Geschöpf, das offenbar gar nichts kapiert hatte.

Einer anderen attestiert­e die neue Modelmama, einen „Körper wie in Marzipan“zu haben. Toll, aber doch „ein Tick zu kommerziel­l“. Und auch da erschien niemand und rief: „Das war jetzt aber Satire.“Am heutigen Mittwoch kriegen die „Girls“ein paar Boys dazu. Es wird sicher wieder sehr hot. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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