Der Standard

Billige Stimmungsm­ache

- Olivera Stajić

Am Mittwoch will die Regierung ihre Pläne für die Reform der Mindestsic­herung im Detail vorlegen. Für die richtige Atmosphäre soll eine fragwürdig­e Statistik sorgen. „Mehr als 60 Prozent der Mindestsic­herungsbez­ieher haben Migrations­hintergrun­d, in Wien sogar 68 Prozent“, vermeldete­n Medien, darunter auch

Allerdings sind diese Zahlen nur eine grobe Schätzung ohne empirische Grundlage. Aber noch wichtiger ist: Die Frage nach dem Migrations­hintergrun­d ist für den Bezug der Mindestsic­herung irrelevant.

Der einzige Zweck der Bekanntgab­e dieser Zahlen ist ein Framing, das wir nur zu gut kennen: „Zu viele Ausländer beziehen zu viele Sozialleis­tungen.“Im gleichen Atemzug versichert uns die Regierung, „Sozialmiss­brauch“künftig besser eindämmen zu wollen. Auch dieses Framing ist bekannt: „Die Ausländer bekommen die Sozialleis­tungen zu Unrecht. Sie bestehlen uns.“

Der Begriff „Migrations­hintergrun­d“erfasst Menschen, die selbst beziehungs­weise deren Eltern im Ausland geboren wurden oder eine fremde Staatsbürg­erschaft besessen haben. Er wurde vor rund dreißig Jahren eingeführt, um auf soziale Probleme aufmerksam zu machen und einer oft benachteil­igten Menschengr­uppe gezielte Förderung zukommen zu lassen. Doch diesmal geht es nicht um Sensibilis­ierung. „Migrations­hintergrun­d“wird von dieser Regierung zur billigen Stimmungsm­ache missbrauch­t.

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