728 Erdentage auf dem Mars
Am Montagabend brachte die US-Weltraumbehörde Nasa erfolgreich den Lander Insight auf den Roten Planeten. Jetzt warten große Aufgaben auf die Forschungsstation – erste Daten zur Vorbereitung der wissenschaftlichen Experimente werden schon gesammelt.
Kurz nach 21 Uhr am Montagabend MEZ erreichte das erlösende Signal das Raumflugkontrollzentrum der Nasa im kalifornischen Pasadena. Ausgesendet hatten es die drei Landekufen der Forschungsstation Insight exakt in dem Moment, als sie erstmals den staubigen Untergrund ihres Bestimmungsorts berührten: Mars, genauer gesagt die Ebene Elysium Planitia nördlich des Marsäquators. Rund 146 Millionen Kilometer legte das Lebenszeichen dann zurück, ehe es Minuten später in Pasadena Jubel und Applaus auslöste.
Damit war klar: Die brenzlige Landung hat wie am Schnürchen geklappt. An Erfahrung mit derart heiklen Manövern mangelt es der US-Weltraumbehörde nicht gerade, es war bereits die achte erfolgreiche Landung auf dem Roten Planeten. Für die aktuelle Mission griff man auf erprobte Landetechnik zurück, die sich schon bei der erfolgreichen Mission Phoenix im Jahr 2008 bewährt hatte. Dennoch war die Anspannung groß, denn der Vorgang ist äußerst herausfordernd.
Ein wesentlicher Grund dafür ist die dünne Atmosphäre unseres Nachbarplaneten. Ihre Dichte beträgt gerade einmal ein Prozent von jener der Erdatmosphäre, folglich gibt es kaum Reibung, um einen Lander zu bremsen. Also benötigt man ausgefeilte Brems- und Hitzeschutzsysteme. Insight raste mit einer Geschwindigkeit von 19.800 km/h in die Marsatmosphäre und musste dann binnen sechseinhalb Minuten auf etwa acht km/h abgebremst werden, um keinen Crash hinzulegen.
Autonomer Höllenflug
Eine Hitzeschildkapsel bewahrten den Lander dabei vor Temperaturen von bis zu 1500 Grad Celsius, die bei diesem Höllenflug entstanden sind, ein Fallschirm und Bremsraketen drosselten die Geschwindigkeit. „In dieser kurzen Zeitspanne musste der Lander Dutzende von Operationen autonom und fehlerfrei durchführen – und genau das tat er auch“, sagte der sichtlich erleichterte Projektmanager Tom Hoffman. Nicht nur das: Auch die ersten Aktivitäten auf dem Mars verliefen erfolgreich. Insight schickte prompt Beweisfotos und entfaltete seine Solarpaneele, die ihn mit Energie versorgen.
Wie geht es nach der erfolgreichen Landung nun weiter mit der Mission? Insight sammelt bereits Daten und macht Bilder, noch dient dies aber den Vorbereitungen für die künftigen Aufgaben. Denn die eigentliche wissenschaftliche Arbeit beginnt erst in etwa zehn Wochen. Bis dahin müssen die Instrumente nach und nach aktiviert, überprüft und kalibriert werden.
Mithilfe des Roboterarms der Sonde werden die Instrumente auf der Marsoberfläche platziert – wo genau, soll in den nächsten Tagen untersucht werden. Geplant ist die Primärmission für 709 Marstage (Sol), das entspricht 728 Erdentagen, also knapp zwei Jahren.
Über den Mars hinaus
Insight soll seismische Messungen vornehmen, um Vibrationen durch „Marsbeben“oder Meteoriteneinschläge zu detektieren. Weiters soll die Mission die Geodäsie des Mars näher erforschen, also seine genaue Form, Rotation und Orientierung im Sonnensystem. Erstmals soll auch der Wärmefluss im Inneren des Planeten analysiert werden – eine eigens entwickelte Vorrichtung, genannt „Traktormaulwurf“, gräbt sich dafür in den Marsboden hinein und sammelt Daten zur Temperatur und Wärmeausbreitung.
Die innere Beschaffenheit des Mars zu erforschen ist das Hauptanliegen der Mission. Wissenschafter erhoffen sich davon nicht nur Erkenntnisse über den Roten Planeten selbst, sondern auch Aufschlüsse über die Entstehung von Gesteinsplaneten generell – also auch von der Erde. Mars und Erde sind etwa zur selben Zeit vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden. Warum sich die beiden Gesteinswelten danach so unterschiedlich entwickelt haben, ist eine der Fragen, denen die Forscher nachgehen wollen.
Bei der Marsmission Insight geht es also um weit mehr als nur den Mars: Im besten Fall kann sie auch Informationen darüber liefern, auf welchen anderen Gesteinsplaneten außerhalb unseres Sonnensystems Leben möglich sein könnte. Die ersten wissenschaftlichen Daten sollten in etwa drei Monaten vorliegen.
Auch wenn bisher noch keine europäische Marsmission erfolgreich gelandet ist (erst 2016 crashte das Exomars-Testmodul Schiaparelli spektakulär auf dem Roten Planeten), ist Insight immerhin üppig mit Technik aus Europa ausgestattet: Die wissenschaftlichen Hauptinstrumente wurden maßgeblich von der französischen Raumfahrtagentur CNES, der ETH-Zürich, dem Max-PlanckInstitut für Sonnensystemforschung in Göttingen und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt entwickelt.