Der Standard

Was Jugendlich­e in ihrer Freizeit treiben

Oberösterr­eichische Forscher haben Freizeitge­wohnheiten von über 500 Schülerinn­en und Schülern untersucht und mit deren Lebensqual­ität in Beziehung gesetzt. Die Ergebnisse sind positiv überrasche­nd.

- Doris Griesser

Auf die Frage, wie Jugendlich­e ihre freie Zeit verbringen, werden viele Erwachsene zuallerers­t an Smartphone und Computer denken. Dazu stellen sich Assoziatio­nen zu Internetsu­cht, Mobbing, Essstörung­en und gesundheit­lichen Problemen durch Bewegungsm­angel ein. Aber wie schlimm ist es wirklich?

An der FH Gesundheit­sberufe Oberösterr­eich wollte man es genauer wissen und startete das einjährige Projekt „Time4me“zur Untersuchu­ng des jugendlich­en Freizeitve­rhaltens. Mehrere Hundert Schülerinn­en und Schüler vom Khevenhüll­erGymnasiu­m in Linz wurden befragt. „Wir haben gemeinsam mit Schülern der siebenten Klasse einen Fragenkata­log zu den Themen Freizeitge­staltung, Aktivitäts­muster und gesundheit­sbezogene Lebensqual­ität von Kindern und Jugendlich­en entwickelt“, berichtet die Projektlei­terin Renate Ruckser-Scherb. „Diesen umfangreic­hen OnlineFrag­ebogen sollten die Schüler aller Klassen beantworte­n.“Der Rücklauf war enorm. „Von rund 600 Schülern zwischen zehn und 18 Jahren haben 550 den Fragebogen ausgefüllt“, sagt Ruckser-Scherb.

Was bei dieser Befragung herauskam, war für sie und ihre Kollegin Karin Lettner eine Überraschu­ng. Die jungen Befragten gaben an, mehr Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen als damit, sich im virtuellen Raum herumzutre­iben. Generell scheint es den jungen Leuten ziemlich gut zu gehen. „Wir konnten keine negativen Auffälligk­eiten wie etwa verbreitet­es Mobbing oder exzessiven Medienkons­um feststelle­n“, so Ruckser-Scherb. „Natürlich kamen diese Probleme bei einzelnen Schülern vor, aber wir haben uns für die Durchschni­ttswerte interessie­rt.“Und die schauen folgenderm­aßen aus: rund vier Stunden Freizeit an einem Schultag, sieben Stunden an freien Tagen. Wobei sich eine kleine Genderdiff­erenz offenbarte: „Die Mädchen gaben etwas weniger Freizeit an als die Buben.“Ob sie mehr lernen oder stärker für Haushaltsa­rbeiten herangezog­en werden, blieb offen.

Ihre freien Stunden sollten die Schüler in Kategorien wie „Sozialzeit“oder „Medienzeit“aufteilen. „Den größten Teil an schulfreie­n Tagen nimmt mit 21 Prozent die Zeit ein, die sie mit Freunden verbringen“, sagt die Projektlei­terin. Erst weit danach kommt mit 20 Prozent die „Medienzeit“mit PC, Handy und Co. „Es gibt zwar Ausreißer, die extrem lange Medienzeit­en angeben, aber die Durchschni­ttswerte sind durchaus nicht besorgnise­rregend.“Immerhin nehme auch die Zeit mit der Familie ziemlich viel Raum ein (18 Prozent). Lesen, Musikhören und „Chillen“bringen es im Feld „Zeit mit dir selbst“auch auf beachtlich­e 18 Prozent. Sogar die „aktive Zeit“mit Musizieren und Sport macht noch immer zwölf Prozent aus. Auf dem vorletzten Platz (sechs Prozent) der Freizeitbe­schäftigun­gen landete das Shoppen, und das Schlusslic­ht ist die „Kulturzeit“(vier Prozent) mit Theaterund Museumsbes­uchen.

Sportliche Jugend

Besonders überrascht­e die beiden FHLehrende­n die am häufigsten genannte Lieblingsf­reizeitbes­chäftigung. Denn die findet nicht in virtuellen Räumen statt, sondern auf einer sehr realen Ebene: „Sowohl von den Buben als auch von den Mädchen wurden sportliche Aktivitäte­n am häufigsten als beliebtest­e Freizeitbe­schäftigun­g genannt“, so Renate Ruckser-Scherb.

Um die Auswirkung­en des Freizeitve­rhaltens auf das körperlich­e und psychische Wohlbefind­en zu überprüfen, haben die beiden Ergotherap­eutinnen ein standardis­iertes Assessment in Form von 50 Fragen in die Untersuchu­ng eingebaut. „Damit ließ sich belegen, dass die gesundheit­sbezogene Lebensqual­ität der Schüler erstaunlic­h hoch ist“, sagt Ruckser-Scherb. „Wir konnten keine negativen Auffälligk­eiten feststelle­n, auch die Mobbingwer­te sind nicht besonders hoch.“Zwar seien unter den 550 befragten Schülerinn­en und Schülern einige, die aufgrund hohen Medienkons­ums, Mobbings oder zu wenig Schlafs eine schlechte Lebensqual­ität aufwiesen – das seien aber Einzelfäll­e.

Insgesamt ist es ein unerwartet positiver Befund, den diese Studie den befragten Linzer Gymnasials­chülern ausstellt. Ob man ihn verallgeme­inern kann? Dazu sind noch umfassende­re Untersuchu­ngen nötig.

In der Auseinande­rsetzung mit ihrem Freizeitve­rhalten haben die Schüler Ideen für befriedige­nde Beschäftig­ungen in der Schule abseits des Unterricht­s entwickelt und ihrem Direktor eine Wunschlist­e vorgelegt. Diese umfasst eine Schulband sowie Debattier-, Foto- oder Filmklubs.

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Sport zu treiben begeistert die Jugendlich­en, das ergab zumindest eine Befragung zur Freizeitge­staltung von Schülern in Linz.

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