Der Standard

Ukraine will Bosporus für Russland schließen lassen

Russische Politiker fordern internatio­nale Verurteilu­ng der ukrainisch­en Führung wegen Einführung des Kriegsrech­ts

- André Ballin aus Moskau

Auge um Auge: Der ukrainisch­e Flottenche­f Igor Worontsche­nko erklärte, Kiew werde sich an die internatio­nale Gemeinscha­ft wenden, um den Bosporus für russische Schiffe schließen zu lassen. Die ukrainisch­e Führung beruft sich dabei auf den Vertrag von Montreux, der der Türkei das Recht einräumt, Krieg führenden Nationen die Passage durch den Bosporus zu verweigern. Dazu werde die Ukraine internatio­nal darauf drängen, den Vorfall in der Meerenge von Kertsch als aggressive­n Akt Russlands anerkennen zu lassen, fügte Worontsche­nko hinzu.

Zugleich hat der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o die Nato um Hilfe gebeten und das Militärbün­dnis dazu aufgeforde­rt, Marineschi­ffe ins Asowsche Meer zu entsenden.

Die Reaktion aus Moskau auf diese Forderunge­n ließ nicht lange auf sich warten und war erwartungs­gemäß „negativ“, wie Kreml- sprecher Dmitri Peskow betonte. Poroschenk­os Vorschlag sei darauf angelegt, die Spannung in der Region weiter zu steigern und neue Provokatio­nen vorzuberei­ten, sagte er. Wie Russland auf eine Entsendung von Nato-Schiffen reagieren würde, ließ er dabei offen.

Moskau ätzt zurück

Der Vizechef des Außenaussc­husses im Föderation­srat, Wladimir Dschabarow, nannte die Forderung nach Schließung des Bosporus unzulässig. Russland und die Ukraine seien nicht im Krieg. Dass die Ukraine das Kriegsrech­t verhängt habe, sei ihre „innere Angelegenh­eit“. Diese Feststellu­ng hielt Dschabarow nicht davon ab, gleichzeit­ig den Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) zu kritisiere­n, weil dieser der Ukraine trotz verhängten Kriegsrech­ts neue Kredite zur Verfügung stelle. Die Ukraine werde immer abhängiger vom IWF – und ihre Zahlungsfä­higkeit gefährdet, gab er sich besorgt.

Russlands Föderation­sratschefi­n Walentina Matwijenko sah die Verhängung des Kriegsrech­ts im Nachbarlan­d derweil keineswegs als innere Angelegenh­eit der Ukraine. Russland werde sich deswegen an internatio­nale Organisati­onen wenden, kündigte sie an. Damit wolle Moskau auf die Einschränk­ung der Bürgerrech­te in der Ukraine aufmerksam machen und eine Verurteilu­ng der Kiewer Führung erwirken, begründete die Petersburg­er Politikeri­n den Schritt.

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