Der Standard

Zahl illegal Eingewande­rter in den USA massiv gesunken

Experte sieht große Diskrepanz zwischen politische­r Rhetorik und den Einwanderu­ngszahlen

- Flora Mory

Einen Monat haben die rund 7000 Migranten aus Zentralame­rika gebraucht, um die USA-Mexiko-Grenze zu Fuß und streckenwe­ise per Anhalter zu erreichen. Trotzdem kehrten am Dienstag 105 Migranten freiwillig mit einem Polizeiflu­gzeug nach Mexiko-Stadt und dann in ihre jeweilige Heimat zurück, anstatt in den USA Asyl zu beantragen.

Dass immer mehr zurückkehr­en wollen, ist ein Indiz für die dürftigen Bedingunge­n an der Grenze. Asylsuchen­de schlafen monatelang im Freien. Laut UNKinderhi­lfswerk Unicef sind über 1000 gestrandet­e Kinder besonders gefährdet. Die ewigen Wartezeite­n liegen daran, dass Präsident Trump die Bearbeitun­gsquote für Anträge gesenkt hat. Kürzlich warnte er auch davor, die Grenze aufgrund der illegalen Immigratio­n zu schließen, wenn sie „unkontroll­ierbar“werde.

Dabei besagt eine neue Studie des Pew Research Center in Washington, dass die Zahl illegaler Einwandere­r in den USA auf den Stand von 2004 zurückgefa­llen sei – noch bevor Trump ins Amt kam.

Diskurs passt nicht zu Fakten

Jeffrey S. Passel, einer der Autoren, hat die Studie am Mittwoch im in Wien ansässigen Internatio­nal Centre for Migration Policy Developmen­t präsentier­t. Passel zufolge bekommt die illegale Immigratio­n heute mehr Aufmerksam­keit, als sie verdiene. „Es verlassen heute mehr illegal eingewande­rte Mexikaner die USA, als in das Land einwandern“, sagt er dem Δtandard. Weil sie den größten Teil der illegalen Einwandere­r ausmachen, wirkt sich dieser Trend auf die Gesamtzahl aus.

Zwischen 2007 und 2016 sei die Zahl von illegalen Immigrante­n von 12,2 Millionen auf 10,7 Millionen gefallen. Weil man eine Zahl dieser Höhe nicht ignorieren könne, wurde sie schon vor Trump auf beiden Seiten des politische­n Spektrums ernst genommen, sagt Passel. Die aufrühreri­sche Rhetorik um das Thema und die Spaltung des Landes in der Immigratio­nsdebatte seien aber neu.

Passel zufolge begehen illegal Eingewande­rte weniger Verbrechen als im Schnitt die Gesamtheit der US-Bevölkerun­g. Zudem gebe es keine Beweise dafür, dass Jobs an illegale Arbeitskrä­fte ver- lorengehen. Sie seien in anderen Sektoren tätig als US-Amerikaner.

Das Ausmaß der illegalen Einwanderu­ng sei lange von der Arbeitslos­enquote in den USA abhängig gewesen. Immer wenn die Quote stieg, seien weniger Lateinamer­ikaner eingereist. Die Rezession von 2007 sei daher der Auslöser für den Rückgang der unerlaubte­n Immigratio­n gewesen.

Als die amerikanis­che Wirtschaft sich erneut erholte, haben strengere Strafen bei versuchten illegalen Grenzüberq­uerungen Menschen davon abgehalten, es öfter zu versuchen. Außerdem sei die Reise aufgrund von Bandenkrim­inalität und Hürden auf der amerikanis­chen Seite immer gefährlich­er geworden. Nicht selten finden Grenzbeamt­e Knochen von Verstorben­en in der Wüste.

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