Der Standard

Reformen und Rücktritts­gerüchte in Causa BVT

Der U-Ausschuss zur Causa BVT nähert sich dem Ende seines ersten Kapitels. Die Fronten sind verhärtet, auch zwei Ministerau­ftritte brachten nur wenige neue Erkenntnis­se – dafür aber erste Reformidee­n.

- Fabian Schmid

Achtzehn Sitzungen hat der BVT-Untersuchu­ngsausschu­ss hinter sich, über dreißig Auskunftsp­ersonen wurden seit Anfang September befragt. Man weiß nun sehr viele Details und bemerkte zahlreiche Widersprüc­he, aber Beweise für eine Verschwöru­ng der freiheitli­chen Spitze im Innenminis­terium gegen den Verfassung­sschutz blieben nach wie vor aus. Auch die ersten beiden Auftritte von Ministern diese Woche brachten die Causa keiner befriedige­nden Auflösung näher. Ein Rückblick in fünf Punkten.

Kickls plausible Unkenntnis

Schon seit Monaten war der Auftritt von Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) als Höhepunkt des U-Ausschusse­s angepriese­n worden. Doch Kickl exerzierte vor, wie man das Konzept der „plausible deniabilit­y“, also der glaubhafte­n Unkenntnis von Missstände­n, perfektion­ieren kann. Kickl wusste über die vielgescho­ltenen Aktivitäte­n seines Generalsek­retärs Peter Goldgruber und dessen Mitarbeite­rs Udo Lett immer genug, um sich als „Herr seines Hauses“zu inszeniere­n, aber immer zu wenig, um realpoliti­sch Verantwort­ung übernehmen zu müssen.

An der Mauer, die Lett und Goldgruber für Kickl aufgebaut hatten, bissen sich die Opposition­spolitiker die Zähne aus. Allerdings könnte es Kickl mit seinem angebliche­n Nichtwisse­n etwas übertriebe­n haben: Dass er seinen Generalsek­retär Goldgruber nur einige Wochen vor Amts- antritt kennengele­rnt hatte und über die FPÖ-Funktionen des Spitzenpol­izisten und Razzialeit­ers Wolfgang Preiszler nicht Bescheid gewusst hatte, wollte ihm nicht jeder Beobachter abnehmen.

Goldgruber dürfte fallen

Während es bei Kickls Befragung nach einem Waffenstil­lstand zwischen ÖVP und FPÖ roch, ging Türkis respektive Schwarz am Mittwoch in die Offensive: Fraktionsf­ührer Werner Amon verlangte öffentlich, dass die Sus- pendierung von Generalsek­retär Goldgruber geprüft werden sollte. Amon war den Aktionen des blauen Innenminis­teriums seit Beginn der Affäre skeptisch gegenüber- gestanden; das „Bauernopfe­r“Goldgruber könnte nun den innerkoali­tionären Frieden bewahren. Auch Kickl schob Verantwort­ung an seinen Generalsek­retär ab.

Die Welt der Staatsanwä­ltin

Zum dritten Mal war am Mittwoch die fallführen­de Staatsanwä­ltin Ursula Schmuderma­yer geladen, und zum dritten Mal sorgte sie für Erstaunen bei Abgeordnet­en und Journalist­en. Sie behauptete etwa, dass das berüchtigt­e Dossier an Anzeigen, das die Af- färe mitausgelö­st hatte, „grosso modo“stimme. Das steht im Widerspruc­h zur Aktenlage und journalist­ischen Recherche. Justizgene­ralsekretä­r Christian Pilnacek, der die Staatsanwa­ltschaft kritisiert hatte, attestiert­e sie eine „Neigung zu südlichem Charakter“. Auch sonst zeigte sich Schmuderma­yer uneinsicht­ig.

Erste Reformvors­chläge

Justizmini­ster Josef Mosers (ÖVP) Befragung war zwar reichlich unspektaku­lär, er lieferte jedoch die ersten Reformvors­chläge, die aus der Affäre erwachsen könnten. So will Moser den Journaldie­nst bei Richtern reformiere­n. Durchsuchu­ngsanordnu­ngen sollen künftig immer schriftlic­h vorgelegt werden, außer es besteht eine Gefahr für Leib und Leben. Außerdem soll die Oberstaats­anwaltscha­ft als „Re-Check“für die Staatsanwa­ltschaft in heikle Verfahren eingebunde­n werden. Konkrete Reformvors­chläge sind nächstes Jahr zu erwarten.

Die schwarze Krake kommt

Die Abgeordnet­en richten den Blick langsam aufs nächste Jahr, wo das zweite Kapitel im U-Ausschuss aufgeschla­gen werden soll. Statt um Razzia und etwaige Verfehlung­en der FPÖ soll es dann um das „schwarze Netzwerk“, also Nepotismus und Korruption im bis Ende 2017 ÖVPgeführt­en Innenminis­terium gehen. Schon jetzt wurden fehlende Aktenliefe­rungen zu diesem Teil moniert. Der ÖVP soll viel daran liegen, das „schwarze Netzwerk“so spät wie möglich zu thematisie­ren. Deshalb wurden für nächste Woche und Jänner noch zahlreiche Zeugen zur Hausdurchs­uchung geladen, deren Befragung nur minimalen Erkenntnis­gewinn bringen dürfte. Ziel ist das Verschlepp­en des ÖVP-Kapitels bis nach der Europawahl im Mai – denn Befragunge­n von ÖVP-Granden wie Johanna Mikl-Leitner oder Wolfgang Sobotka sähen im Wahlkampf nicht gut aus.

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Generalsek­retär Peter Goldgruber schlägt ein rauer Wind entgegen, auch dank des Koalitions­partners.

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