Spargeltarzan versus Kätzchen
In Los Angeles wird in der Nacht auf Sonntag im Schwergewicht geboxt. Tyson Fury fordert Champion Deontay Wilder. Das verbale Vorgeplänkel war zumindest nicht langweilig.
Deontay Wilder brüllte und fluchte, Tyson Fury machte Späßchen, zog sich aus: Das chaotische Staredown zwischen den exzentrischen Schwergewichtsboxern vor ihrem WMTitelkampf in Los Angeles erfüllte alle billigen Klischees. WBCChampion Wilder und Fury inszenierten sich vor dem Megakampf in der Nacht zum Sonntag (3 Uhr MEZ/Dazn) als Bösewichte. Fury: „Ich will ihn in Stücke reißen wie ein Pitbull.“Wilder: „Ich habe in die Augen des Killers gesehen, und ich sah nur ein Kätzchen.“Fury: „Er ist ein Spargeltarzan, ein Penner ohne Kinn.“
Wilder (33) gewann alle seine 40 Profikämpfe, davon 39 durch Knockout. Auch Fury (30) ist in seinen 27 Fights noch ungeschlagen. Sein größter Triumph liegt allerdings bereits drei Jahre zurück. Nachdem er Wladimir Klitschko in Düsseldorf nach Punkten besiegt und vom Thron gestoßen hat- te, begann ein selbst im Profiboxen beispielloser Abstieg: Alkohol- und Drogenexzesse, Depressionen, Dopingsperre, Übergewicht. „Wenn ich die Depressionen besiegen kann, dann kann ich alles besiegen“, sagt Fury heute.
Von 175 Kilogramm hat er mehr als 50 abgespeckt, die ersten beiden Comebackkämpfe in diesem Jahr gegen Sefer Seferi und Francesco Pianeta waren okay. Wilder ist ein anderes Kaliber, die Buchmacher favorisieren ihn. Wie einst Klitschko gegen Fury.
Reingelegt
So eine Situation liebt der Brite. „Ich habe sie reingelegt, und sie wissen immer noch nicht, worauf sie sich eingelassen haben“, sagt er. Dass Fury nicht in England, sondern in den USA boxen muss, ist ihm wurscht: „Das macht aus mir einen echten Krieger.“
Bei Wilder ist zwischen all den lauten Beleidigungen auch leiser Respekt vor Fury herauszuhören. „Er hat Reichweite, ist beweglich und glaubt, dass er der Beste der Welt ist“, sagt Wilder: „Wer diesen Kampf gewinnt, kann sich bester Schwergewichtsweltmeister auf dem Globus nennen.“Ein Seitenhieb gegen Anthony Joshua. Der britische IBF- und WBO-Weltmeister und Superchampion der WBA mischt auch irgendwie mit. Wilder und Fury kämpfen um einen höchst lukrativen Titelkampf mit Joshua.
Das Interesse in den USA ist begrenzt, das Staples Center wird wohl nicht voll sein. Wilder hat nicht die Zugkraft wie vor ihm Mike Tyson oder Lennox Lewis. „Amerika sollte aufwachen und erkennen, dass ich der böseste Mann auf dem Planeten bin.“
Fury wird einen Teil seiner Gage von neun Millionen Dollar spenden. „Ich bin kein Geschäftsmann. Wie jeder Boxer werde ich am Ende pleite sein.“(sid, red)