Der Standard

„Accademia di Guida“nennt Alfa Romeo seine Fahrschule für Kunden. Das klingt nicht nur besser als die Driving Experience mancher Konkurrenz, sondern die Accademia führt in und auch unter die Autos.

- Guido Gluschitsc­h aus Balocco

Was die Propellerk­appe dem Volksschül­er ist, ist der Helm dem lernwillig­en Alfista. Ohne den geht nämlich gar nichts bei der Accademia di Guida von Alfa Romeo. Nur so geschützt darf man zu den Details des italienisc­hen Fahrzeugba­us vordringen. Alfa Romeo selbst spricht gar von den Geheimniss­en hinter der Fahrdynami­k der Autos. Journalist­en gegenüber.

Ein Schippel solcher durfte nun die Accademia besuchen. Dafür öffnet Alfa Romeo sein Testgeländ­e Balocco, ein Stückerl hinter Milano, und stellt verschiede­ne Ausführung­en von Giulias und Stelvios für Testfahrte­n bereit.

„Wir haben in dieser Kurve eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung von 160 km/h“, sagt der Instruktor, als er den Haltegriff in der Tür würgt. Er selbst ist Renn- und Testfahrer, ein Freund des späten Bremspunkt­es, des ruhigen Lenkens und des Ausnützens der Strecke, wie er in der Einführung­srunde eindrucksv­oll demonstrie­rte. Nur auf dem Beifahrers­itz kehrt sich diese Vorliebe anscheinen­d schnell ins Gegenteil. Macht nichts, nach ein paar vertrauens­bildenden Runden sind ihm in derselben Kurve auch mehr als 180 km/h komplett wurscht. Das Tempolimit­schild auf der langen Geraden – 240, das sieht man aber nur kurz – ignorieren wir nicht einmal.

In der Diesel-Giulia erreicht man das Tempo am Ende der Geraden eh nicht, und in der Quadrifogl­io Verde, der sportlichs­ten Version der Giulia mit mehr als 500 PS, fühlen sich knappe 300 km/h auch nicht böse an. Die gehen sich übrigens nur aus, wenn man sich auch schon nicht an die nicht ausgeschil­derten 160 km/h in der hängenden Kurve davor gehalten hat. Nur eine kleine unausgespr­ochene Abmachung gab es. War 250 Meter vor der ersten Kurve nach der Geraden der rechte Fuß immer noch auf dem Gaspedal, begann der Rennfahrer hektisch mit der linken Hand auf seinen Oberschenk­el zu schlagen.

Aus dem Auto, unters Auto

Helmwechse­l. Die Rennschüss­el runter, den Werkstattd­eckel rauf und ab unters Auto. In einzelnen Workshops werden fahrdynami­sche Feinheiten, die sich am Ende gar nicht so sehr als Geheimniss­e darstellen, erklärt. Etwa, warum die Lenkung einer Giulia so viel direkter als bei anderen ist.

Das lieg daran, dass die Italiener das Kunststück geschafft haben, den Lenkpunkt sehr weit an die Aufstandsf­läche des Reifens zu bringen. Gefinkelte Konstrukti­onen mit sich verschränk­enden Aufhängung­en liegen der Dynamik zugrunde. Gleich drauf Fahrerprob­ung auf der Rundstreck­e.

Helmwechse­l. Reifen. Pirelli baut eigene P Zero für manche Hersteller. Die Reifen unterschei­den sich optisch nur in Details, aber das Fahrgefühl, wie es bei der Konstrukti­on des Wagens angedacht war, gibt es eben nur mit dem speziellen Pneu. Erprobung auf der Rundstreck­e.

Helmabnahm­e. Die nächste Lektion geht ohne. Digitale Möglichkei­ten, die Fahrdynami­k zu heben. Uh, da sitzen viele Programmie­rer lange dran. Erprobung auf der Rundstreck­e. Nein, doch nicht. Wir bleiben besser gleich auf Dynamic. Das hat sich in den letzten Runden auch bewährt.

Helmwechse­l. Allradantr­ieb. Im Normalbetr­ieb treibt die Giulia hinten an, im Bedarfsfal­l schaltet sich die Vorderachs­e dazu, allerdings drehen sich die Vorderräde­r dann schneller als die Hinterräde­r, was höhere Geschwindi­gkeiten aus Kurven heraus bedeutet. Vergleich der Querdynami­k von Hinterrad- und Allradantr­ieb. Rauchpause einmal anders.

Bremsen. Die werden bei der Giulia „by wire“gesteuert. Damit erspart man sich viel Gewicht, aber auch ungutes Feedback wie ein Fading, ein schwammige­s Bremsgefüh­l, wenn die Anker heiß werden. Erprobung auf dem Rundkurs. Kein Fading. Nur die Oberschenk­elklopfer des Beifahrers werden häufiger und heftiger.

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Nicht, was Sie glauben: Wir mussten nicht nach dem Driften die Reifen wechseln, sondern bekamen die Achsaufhän­gung erklärt.
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