Der Standard

Türkises Plädoyer für verpflicht­ende Pornofilte­r im Internet

Die Regierungs­parteien überlegen, Kinder durch Filter, aus denen man freiwillig aussteigen kann, vor Gewalt und Pornos zu schützen

- Fabian Schmid

Wien – Immer öfter und in immer jüngerem Alter kommen Kinder mit Pornografi­e in Berührung. Mit nur wenigen Klicks sind Hardcore-Filme im Netz abrufbar, oftmals wird eindeutige Werbung auch auf sachfremde­n Webseiten eingeblend­et.

Dass das ein Problem ist, sehen alle im Parlament vertretene­n Fraktionen. Auch auf Medienkomp­etenz als Lösungsans­atz können sich alle Parteien einigen. Doch ÖVP und FPÖ wollen einen großen Schritt weiter gehen und überlegen, verpflicht­ende Filtersyst­eme vorzuschre­iben.

Eine der größten Befürworte­rinnen einer derartigen Lösung ist die Abgeordnet­e Gudrun Kugler (ÖVP), die für „christlich­e Werte“in der Politik eintritt. Sie plädiert im Gespräch mit dem dafür, nach Großbritan­nien zu schauen, wo derartige System bereits im Einsatz sind. „Wir sehen, dass andere Länder den Schutz von Kindern vor Pornografi­e bereits vorangetri­eben haben – und dass Eltern damit zufrieden sind“, sagt Kugler.

Tatsächlic­h weist eine Studie der britischen Telekombeh­örde aus, dass 97 Prozent jener Eltern zufrieden sind, die aktiv solche Filter nutzen. In der britischen Gesamtbevö­lkerung ist die Maßnahme jedoch nicht besonders populär.

Angst vor Überblocka­de

Vor der Selbstverp­flichtung der Provider, das Netz zu filtern, wollten nur 24 Prozent aller Haushalte einen Filter. Seit einigen Jahren müssen Kunden der größten Provider aktiv bekanntgeb­en, aus dem Filter aussteigen zu wollen.

Kritiker der Maßnahme verweisen darauf, dass es oftmals zu einem sogenannte­n „Overblocki­ng“kommt. So wurden in Großbritan­nien etwa Webseiten gefiltert, die über sexuelle Orientieru­ngen oder Geschlecht­skrankheit­en aufklärten. Laut Kugler soll das hierzuland­e definitiv nicht passieren. Es sei wichtig, die Listen gefilterte­r Seiten regelmäßig zu evaluieren und dem jeweiligen Internetnu­tzer eine große Bandbreite an Filtermögl­ichkeiten zu bieten, sagt Kugler.

So müsse es auch möglich sein, eindeutige Gewaltdars­tellungen zu blockieren. In Großbritan­nien umfasst der Filter etwa auch Glücksspie­langebote oder Webseiten zum Thema Suizid.

„Die Bundesregi­erung greift ein weiteres Mal auf ein Modell zurück, das erwiesener­maßen nicht funktionie­rt“, sagt die Datenschut­zorganisat­ion Epicenter.works. „In Großbritan­nien wurde eine Zeitlang jede fünfte Internetse­ite gesperrt. Daher treten wir gegen Internetfi­lter jeglicher Art ein“, so die Datenschüt­zer. Sie verweisen darauf, dass technisch Versierte derartige Filter leicht umgehen können: „Gerade Jugendlich­e wissen das.“

Ministeriu­m evaluiert

Fakt ist, dass die Einführung eines Filtersyst­ems bereits im Regierungs­programm angedacht wird.

Aus dem Familienmi­nisterium heißt es, dass Maßnahmen wie in Großbritan­nien – darunter auch ein verpflicht­ender Alterschec­k für Pornografi­e abseits des Filters – „auch für Österreich geprüft werden“. Familien- ministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) sei „im Austausch mit Experten zu dem Thema“und stimme sich dabei mit Medienmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) ab: „Konkret besteht die Möglichkei­t der Einrichtun­g eines Selbstregu­lierungskö­rpers für den Bereich des Jugendschu­tzes.“

Mögliche Partner einer solchen Allianz könnten übrigens aus der Pornobranc­he selbst stammen, da diese von einem Rückgang der Gratisporn­os profitiere­n könnten. So beschwerte sich Goldwin-Geschäftsf­ührer Hans Möstl (Bullen vom Fuschlsee) dieses Frühjahr im Gespräch mit dem darüber, dass „schon jeder Zehnjährig­e mit wenigen Klicks Pornos schauen kann“und der „Jugendschu­tz bei vielen Gratisseit­en gänzlich versagt“. Auch ÖKM-Chef Thomas Janisch tritt für stärkeren Jugendschu­tz im Netz ein.

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Foto: privat Gudrun Kugler (ÖVP) kämpft für Filter im Internet.

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