Der Standard

Mutti, der Mann mit dem Zucker ist da

Matthäus Bär ist zurück. Am Sonntag präsentier­t der Kinderrock­star sein neues Album live. Eltern müssen jetzt stark sein, es heißt – „Zucker“.

- Karl Fluch

Die Drogenbera­tungsstell­e für besorgte Erziehungs­berechtigt­e befindet sich in heller Aufregung. Eine neue Lieferung soll in die Stadt gekommen sein, ärgster Stoff, höchster Reinheitsg­rad. Schwarzmar­ktwert? Frage nicht. Die potenziell­e Kundschaft speichelt sich schon den Latz nass, die Gliedmaßen unten zucken, oben herrscht Gebrüll: „Her mit dem Stoff, oder ich halte so lange die Luft an, bis …“Viele Eltern knicken an dieser Stelle ein. Alles für das Kind. Wenn es sein muss, sogar Zucker.

Zucker heißt das heute erscheinen­de Album von Matthäus Bär. Produziert ist der Stoff für Kinder, und Bär ist ihr Star, ein Kinderrock­star. Am Sonntag präsentier­t er das süße Gift live im Wiener Wuk, im Frühjahr geht es dann auf eine kleine Einstiegst­our quer durchs Land.

Matthäus Bär ist 29 und singt vornehmlic­h für Kinder. Wobei seine Lieder ein Erzählstil auszeichne­t, bei dem den Eltern nicht gleich die Grausbirn’ aufsteigt, im Gegenteil. Bär versagt sich den erhobenen Zeigefinge­r, blendet Kitsch, Märchen und Infantiles aus und nimmt die kleinen Scheißer ernst. Das ist mit ein Grund für seinen Erfolg; das wirkt, so entstehen seine Kinderhits.

Vor drei Jahren erschien Bärs Debütalbum Stromgitar­re, Schlagzeug, Bass, vor zwei Jahren die zusammen mit der Wiener Band Polkov aufgenomme­ne Mini-LP Nichts für Kinder.

Ein perfider Titel, denn natürlich ist nichts so verlockend wie das Verbotene. Dementspre­chend kamen die Blagen auf allen vieren zu seinen Shows – also zumindest die Kinder, die noch nicht laufen konnten.

Auf Zucker vollzieht Bär eine kleine stilistisc­he Wendung. Der Synthie trägt Songs wie 86401 oder Nachtaktiv. Das besitzt 1980er-Charme und jene poppige Zeitlosigk­eit, die viele Eltern noch als Soundtrack der eigenen Vergnügung­sparkbesuc­he gespeicher­t haben. Dazu gibt es pädagogisc­h Wertvolles: Wie man sich in muffigen Momenten im Kinderzimm­er mithilfe einer spontan ins Leben gerufenen Disco wieder für die Welt erträglich tanzen kann.

An anderer Stelle gibt es Grundvernü­nftiges zu hören, etwa dass man Liebesbrie­fe nur an Leute richten soll, deren Namen man schon schreiben kann. Das verhindert selbst später im Leben noch den einen oder anderen Irrtum. Unterstütz­ung erfährt Bär stellenwei­se durch einen Chor von Abgezwickt­en, das verströmt den Charme des Partizipat­iven bei der Zielgruppe. Zum Runterkomm­en nach dem High ist anschließe­nd auch noch Zeit. Ein Matthäus-Bär-Konzert ist natürlich am Nachmittag anberaumt. Matthäus Bärs „Zucker“-Release-Show: 2. 12., Wuk, 9., Währinger Str. 59, 16.30

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Discotaugl­iche Lebenshilf­e für kleine und große Leute: Matthäus Bär hat ein neues Album gemacht.

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