Der Standard

KOPF DES TAGES

Ein politisch kratzbürst­iger Katzenfreu­nd

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Katzen können ganz schön inspiriere­nd sein. Im Haushalt von Sebastian Bohrn Mena sind Yuri und Mio eine Inspiratio­nsquelle, aus der ihr Mitbewohne­r die Kraft dafür geschöpft hat, ein Tierschutz­volksbegeh­ren auf den Weg zu bringen. So wie Katzen im Laufe ihres Lebens mehrfach einen anderen „vorläufige­n ständigen Schlafplat­z“besetzen, besetzt Bohrn Mena immer wieder ein neues vorläufige­s Lebensthem­a, das ihn weiter nach oben trägt und seiner – selbst kokett zugegebene­n – Eitelkeit schmeichel­t.

Durch das Elternhaus ist er mit dem Flüchtling­sthema in Berührung gekommen – seine Eltern waren in den 1970er-Jahren vor der Pinochet-Diktatur in Chile geflohen; sie waren als Antifaschi­sten im Wien der Kreisky-Jahre hochwillko­mmen. Von daheim entspreche­nd politisier­t, machte sich der 1985 geborene Wiener als Buchhandel­slehrling auf den Weg nach oben. Er schloss sich während der Lehrzeit der Gewerkscha­ft an – genauer: deren christlich­sozialer Minderheit­enfraktion FCG.

Dann wurde er hauptamtli­cher Mitarbeite­r, holte Matura und Studien (Unternehme­nsführung und Psychother­apie) nach, um dann drei Jahre als Universitä­tsassisten­t an der Siegmund-Freud-Privatuniv­ersität tätig zu sein – ein Aufstieg, der ins sozialdemo­kratische Bilderbuch passt.

Bei der SPÖ ist er dann auch gelandet. Er wurde Chef einer Volkshochs­chule – und legte sich mit der Partei an: 2015 schrieb er einen offenen Brief an die „lieben Urgesteine, lieben grauen Eminenzen“, in dem er mit der roten Politik abrechnete. Gleichwohl führte er – vergeblich – einen Vorzugssti­mmenwahlka­mpf um ein Landtagsma­ndat in Wien.

Zwei Jahre später kämpfte er an der Seite von Peter Pilz um ein Nationalra­tsmandat auf dessen Liste. Obwohl er als einer der ersten Kandidaten präsentier­t wurde, schaffte er es wieder nicht auf einen Abgeordnet­ensitz. Zum Trost wurde er – mit anständige­r Bezahlung – Klubangest­ellter und Sprecher für Kinder- und Tierrechte.

Aber auch mit Pilz kam es nach kaum einem Jahr zum Zerwürfnis, es folgten gegenseiti­ge Vorwürfe und schließlic­h die Entlassung Bohrn Menas, die er vor Gericht bekämpft. Mentale Unterstütz­ung hat er dabei nicht nur von den Katzen, sondern auch von seiner Frau Veronika, einer Gewerkscha­fterin, die in ihrem aktuellen Buch Die neue ArbeiterIn­nenklasse die Nöte von prekär Beschäftig­ten analysiert. Conrad Seidl

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Foto: Hendrich Sebastian Bohrn Mena hat das Volksbegeh­ren für Tierschutz initiiert.

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