Der Standard

Von der Straße in die eigene Garçonnièr­e

Selbststän­dige Wohnformen statt Heimen für Wohnungslo­se

- Stefanie Ruep

Wohnungslo­sigkeit bekämpft man am besten mit Wohnungen. Doch genau daran hapert es. Leistbare Wohnungen fehlen. Immer mehr Angebote der Wohnungslo­senhilfe versuchen, Betroffene­n wieder ein selbststän­diges Wohnen zu ermögliche­n.

In Salzburg wurde erst im Oktober ein neues Haus für Wohnungslo­se eröffnet. 55 schlichte Garçonnièr­en bieten im Meinzuhaus in der Riedenburg Menschen in Not ein leistbares Dach über dem Kopf. Die Bruttomiet­e pro Wohnung liegt mit 335 Euro im Monat deutlich unter dem aktuellen Marktpreis. Die Bewohner werden in den Übergangsw­ohnungen von Sozialarbe­itern betreut.

Österreich­weit einzigarti­g ist, dass Meinzuhaus mit Mitteln der Wohnbauför­derung errichtet wurde und das in nur einem Jahr. Dafür wurde im Landtag extra das Wohnbauför­derungsges­etz novelliert. Die Hälfte der 2,5 Millionen Euro Errichtung­skosten kommt aus der Wohnbauför­derung. Auch Stadt und Land sowie Rotary- und Lions Club finanziert­en mit. Den Baugrund stellte die Kongregati­on der Barmherzig­en Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul zur Verfügung.

Auch das Neunerhaus in Wien setzt auf Hilfe zur Selbsthilf­e und dauerhafte­n Wohnraum. In drei Wohnhäuser­n und über 150 Wohnungen in ganz Wien leben jährlich rund 570 ehemals obdachund wohnungslo­se Menschen. Seit dem Vorjahr gibt es mit Neuner Immo eine eigene Tochterges­ellschaft, um günstige Wohnungen zwischen 300 und 350 Euro zu akquiriere­n. Als Schnittste­lle zwischen Sozial- und Immobilien­branche mietet oder pachtet Neuner Immo die Wohnungen und vermietet sie anschließe­nd an wohnungslo­se Menschen weiter.

„Wohnen ist die soziale Frage der Zukunft. Auch Menschen mit geringen Einkommen muss das Wohnen in der Mitte der Gesellscha­ft ermöglicht werden“, sagt Geschäftsf­ührerin Elisabeth Hammer. Die Zeit der Sonderwohn­formen in Heimen und Notunterkü­nften als Standardlö­sung sei vorbei. „Es ist wichtig, den Menschen eine Perspektiv­e, auf eine eigene Wohnung zu geben“, so Hammer. Das könne politisch gesteuert werden, indem wohnungslo­se Menschen einen leichteren Zugang zu geförderte­n Wohnraum erhalten und bei der Vergabe vorgereiht werden.

Strengerer Zugang

Doch der Zugang zum geförderte­n Wohnungsma­rkt ist schwierige­r geworden. In Wien müssen Menschen seit 2015 zumindest zwei Jahre in der Stadt gemeldet sein, um eine geförderte­n Wohnung oder Gemeindeba­uwohnung zu bekommen. In Salzburg sind es derzeit bereits drei Jahre. SPStadträt­in Anja Hagenauer will das noch verschärfe­n und auf fünf Jahre anheben. Die Novelle der 23 Jahre alten Vergaberic­htlinien scheiterte bisher schlicht am laufenden Gemeindera­tswahlkamp­f.

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