Der Standard

Junge Frau, alter Mann? Klar!

Liebesgesc­hichte „Heisenberg“bei Volkstheat­er/Bezirke

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Wien – Alter Mann, jüngere Frau. Da klingeln eigentlich schon alle Warnglocke­n. Doch hier ist es umgekehrt, denn die Frau Georgie (Joanna Kitzl) hat dem Mann Alex (Michael Abendroth) ungefragt einen Kuss in den Nacken gedrückt. Für ihn keine große Sache, aber sie ist beschämt. Denn sie hat ihn am Bahnhof verwechsel­t. Ein Versehen scheint aber wenig plausibel angesichts des Gesprächsf­euerwerks, das Georgie entzündet. Sie will Alex wiedertref­fen. Er versteht aber nicht, warum ihr die Begegnung so gut gefallen habe.

Das Volkstheat­er/Bezirke zeigt Simon Stephens Heisenberg (2015); eine mit nur zwei Darsteller­n sparsame Produktion. Selbst die Bühne (Christian Kiehl) kommt mit einem Minimalauf­wand – schwarzer Rücken und ein paar Requisiten – aus. Ideal für das Tingeln durch Wiens Volkshochs­chulen und Vereinszen­tren.

Üppig ist nur Georgies Redeschwal­l. Kitzl kaschiert ihre Angst vor Zurückweis­ung mit offensi- vem Geplauder. Die Hälfte ist jedoch gelogen. Das wird noch zu Querelen führen. Ergebnis ist ein Well-made Play mit heiteren und sentimenta­len Stellen. Sebastian Schug inszeniert das ungleiche Paar unaufgereg­t sympathisc­h.

Es stellt sich aber die Frage: warum dieses Stück? Die Wanderbühn­e des Volkstheat­ers tingelt als theatraler Nahversorg­er durch die Außenbezir­ke. In der Spielplank­onferenz ist man wohl übereingek­ommen: Machen wir was Leichtes, Heiteres.

Das hat man geschafft. Am Ende ist die 30 Jahre jüngere Frau ein Jungbrunne­n für den Alten. Er hat seit langem wieder einmal Sex und entdeckt das Leben neu. Er weint vor Glück, und sie lernt von ihm innere Ruhe und Verlässlic­hkeit kennen. Das ist nett gemeint, und man kann es dem feinen Darsteller­duo auch nicht anlasten. Das Ganze wirkt in Zeiten von #MeToo aber aus der Zeit gefallen und am Thema vorbei. (wurm) Bis 2. 2. an wechselnde­n Orten in Wien

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