Der Standard

Ein geborener Klubobmann mit Schlüsself­unktion für seine Partei

Gottfried Waldhäusl, blauer Landesrat in Niederöste­rreich, fällt durch ungebändig­te Rhetorik auf – nicht ohne Absicht

- Sebastian Fellner

PORTRÄT:

Dafür, dass Gottfried Waldhäusl den Job gar nicht wollte, scheint er sich in der Rolle des Landesrats ganz schön wohlzufühl­en. Und dafür, dass er selbst gelobte, einen Stilwechse­l vom polternden Klubobmann zum sachlichen Regierungs­mitglied zu vollziehen, wirkt der FPÖ-Mann nach wie vor rhetorisch ungebändig­t. Das zeigt sich aktuell in Waldhäusls Umgang mit dem Fall der Flüchtling­sunterkunf­t in Drasenhofe­n, war aber zuvor schon sichtbar.

„Mit Händen und Füßen“will sich der damalige FPÖ-Klubobmann im niederöste­rreichisch­en Landtag gewehrt haben, als er den blauen Platz in der Landesregi­erung besetzen sollte. Der steht den Freiheitli­chen der Landesverf­assung nach ihrer Mandatsstä­rke wegen automatisc­h zu, der logische Kandidat dafür kam im Februar 2018 aber nun doch nicht infrage: Udo Landbauer wurde seiner Liederbuch-Affäre wegen von Landeshaup­tfrau Johanna Mikl- Leitner als Partner in der Landesregi­erung ausgeschlo­ssen. Die FPÖ war in Personalno­t, Waldhäusl sprang ein. Und das, obwohl er aus Sicht vieler Beobachter der geborene Klubobmann war: Ein Scharfmach­er, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt, den politische­n Gegner rhetorisch hart angreift. Nun würde sich der 56-Jährige zügeln müssen, hieß es bei seinem Wechsel in die Landesregi­erung.

Verbale Entgleisun­gen

Waldhäusl kommt aus dem Waldvierte­l, genauer gesagt aus Pfaffensch­lag: einem Nachbarort von Waidhofen an der Thaya, wo der Landesrat nach wie vor Vizebürger­meister ist und seine Frau ein Gasthaus betreibt. Mit 20 Jahren übernahm er die Landwirtsc­haft seiner Eltern, Jörg Haider persönlich soll ihn bald darauf in die FPÖ geholt haben.

Nach drei Jahren im Bundesrat wechselte der Politiker 1998 in den niederöste­rreichisch­en Landtag, 2008 wurde er Klubobmann der Freiheitli­chen – und leistete sich regelmäßig verbale Entgleisun­gen.

Als „Anwälte von Kinderschä­ndern“bezeichnet­e Waldhäusl ÖVP, SPÖ und Grüne, als sie seinen Antrag auf chemische Kastration von Sexualstra­ftätern ablehnten. Später warf er der Landespoli­tik vor, Familienle­istungen zu kürzen, während „Schwuchtel­n“unterstütz­t werden. Einen Gefängniss­tandort im Waldvierte­l lehnte er 2017 ab – mit der Erklärung, er wolle solchen „Abschaum“nicht in seiner Region.

Dann wurde der Klubobmann Landesrat, und befragte ihn zu seiner „Abschaum“Aussage. „Ich habe niemals dieses Wort verwendet“, protestier­te Waldhäusl – um im gleichen Atemzug zu erklären, dass es Straftäter gebe, „bei denen man berechtigt­erweise von Abschaum sprechen kann“.

Mit der sprachlich­en Mäßigung hat es also nicht so recht geklappt. „Es kann sich jeder bei mir melden und kann sich zwei, drei gerne mit nach Hause nehmen, ich habe kein Problem damit“, polter- te der Asyllandes­rat auch auf Ö1, als vergangene Woche Kritik an der Unterbring­ung unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling­e in Drasenhofe­n laut wurde.

Blaue Kernwähler­schaft

Waldhäusls Stil passt so gar nicht zum Bemühen der FPÖ im Bund, seriöser aufzutrete­n – zumindest auf den ersten Blick. Auf blauen Facebook-Seiten findet sich viel Zuspruch für die Politik des Landesrats: Bei der Kernwähler­schaft scheint er gut anzukommen. Und die Bundespart­ei stärkt ihm den Rücken. Vielleicht weil der Landespoli­tiker eine wichtige Schlüsself­unktion für die Partei einnimmt. Er hat keine bekannten Verbindung­en in die rechte Szene, ist auch kein Burschensc­hafter, sondern ein klassische­r Stammtisch­politiker. Einer, wie ihn die FPÖ gerade wegen eines stellenwei­se sachlicher­en Kurses gut gebrauchen kann.

Gottfried Waldhäusl hat also keinen Grund, seine Politik oder seinen Stil zu ändern. Selbst wenn er könnte.

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Foto: Robert Newald Gottfried Waldhäusl (FPÖ), Landesrat mit Schlüsself­unktion.

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