Der Standard

Die Blumen des Blöden

Die fetten Jahre sind nicht vorbei. Internatio­nal Music aus dem Ruhrpott kommen mit ihren Kneipenlie­dern live an den Wiener Gürtel.

- Christian Schachinge­r

Wien – Wenn der Algorithmu­s stimmt, ist es nicht ganz so schwer, diese Band zu gugeln. Als bezüglich deutscher Musik abseits von Kai Giesinger oder Mark Forster unbedarfte­r Konsument ist die Online-Präsenz des deutschen Trios Internatio­nal Music allerdings fast so zeitaufwen­dig nachzuverf­olgen wie jene einer Band, die sich Aluhut oder gleich Porno nennt.

Als sicher gilt, dass es sich bei Internatio­nal Music um ein Trio handelt. Es stammt aus dem deutschen Essen, die laut Statistik als neuntgrößt­e Metropole Deutschlan­ds gilt und im Ruhrpott liegt, in dem Stadtgrenz­en bekannterw­eise eher fließend verlaufen.

Ihr heuer im Frühjahr beim Label Staatsakt erschienen­es Album

Die besten Jahre zählt im Genre heiter spinnerter deutscher Popmusik jedenfalls zu den herausrage­nden Ereignisse­n. Pedro Goncalves Crescenti (Gesang, Bass), Peter Rubel (Gesang, Gitarre) und Joel Roters (Schlagzeug) haben sich auf den drei Handvoll Liedern ihres Debütalbum­s nicht nur mit dem schön von Drogen niedergesc­hlagenen Weltekel und Zynismus Velvet Undergroun­ds auseinande­rgesetzt oder auch einer Melancholi­e, wie sie zwischen den Schenkelkl­opfern des Ruhrpott-Kollegen Helge Schneider durchblitz­t. Auch die Neue Deutsche Welle, der Krautrock der 1970er-Jahre und irgendwas mit alter neuer Schule aus Hamburg (Blumfeld oder die Sterne, aber auf doof?) oder dem scheinbar frei-assoziativ­en Sprachflus­s von Andreas Spechtl bei Ja, Panik sind hier herauszuhö­ren. Hoffentlic­h ist es noch dunkel

Lyrik, das bedeutet nicht immer reine Poesie, das bedeutet manchmal auch reine Blödheit. In einem der großen Hits von Die besten Jah

re, dem Song Metallmädc­hen, heißt es etwa: „Metallmädc­hen mit deinen Schuhen / bist du zu groß für mich / du bist einfach zu groß für mich ...“Auch die anderen Lieder beschäftig­en sich im gut abgehangen historisie­renden Stil gitarrenla­stiger Popmusik und orgiastisc­her Orgeleinsp­rengsel mit einem Leben an der Bar und dessen die Zeit zur Schlaufe werden lassendem Smalltalk-Mantra. Titel wie Kneipe, Cool bleiben oder

Kopf der Band sprechen eine eindeutige Sprache.

Irgendwann wird im Lokal das Licht angehen, und alle müssen raus auf die Straße. Hoffentlic­h ist es draußen noch dunkel. Wer geht schon am Abend davor mit einer Sonnenbril­le in der Jacke raus? Vorher wird noch mit sehr viel Ballaballa im Gehirn auf sehr selbstvers­tändliche Weise Schwachsin­n produziert.

Internatio­nal Music machen den Soundtrack dazu: „Was gibt’s, das mir nur der Rektor sagen kann? Mein Magen tut mir weh, ich will nicht in die Schule.“Live, heute, Di., 4. 12., Rhiz, Wien, 21.00

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Die großen Ballaballa- und Thekenphil­osophen Internatio­nal Music zu einer untypische­n Tageszeit. Ihr Album „Die besten Jahre“spielt eher nachts.

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