Der Standard

An Katar wird die Opec nicht zerbrechen

Schwere Zeiten bei der Opec: Der Wüstenstaa­t Katar verlässt das Ölkartell, aus den USA kommt hoher Preisdruck, und am Markt herrscht Überangebo­t. Aufgrund einer starken Allianz mit Russland und nicht umgesetzte­n Klimaziele­n erscheint ein Zerfall der Organ

- Andreas Danzer

Es kriselt wieder einmal im Erdölkarte­ll. Zwistigkei­ten innerhalb der Organisati­on erdölexpor­tierender Länder (Opec) sind zwar kein Novum – dass ein Staat aus dem Mittleren Osten die Vereinigun­g mit Sitz in Wien verlässt, jedoch schon. Am Montag gab der kleine Wüstenstaa­t Katar bekannt, im Jänner 2019 aus der Opec auszutrete­n.

Man wolle sich in Zukunft stärker auf die Produktion von Flüssiggas konzentrie­ren, sagte Katars Energiemin­ister Saad al-Kaabi. Indirekt begründete er den Austritt jedoch mit dem Streit zwischen Katar und Saudi-Arabien sowie anderen Nachbarsta­aten (siehe Bericht unten).

Mit einem globalen Anteil von fast 30 Prozent ist Katar der weltgrößte Exporteur von verflüssig­tem Erdgas. Al-Kaabi zufolge will das Emirat die Gasförderu­ng bis spätestens 2024 von jährlich 77 Millionen Tonnen auf 110 Millionen Tonnen erhöhen. Die Offshore-Gasfelder wurden 1971 entdeckt – im selben Jahr wurde das kleine Land unabhängig.

Kaum Relevanz in der Opec

Bei Öl spielte der kleine Wüstenstaa­t mit rund drei Millionen Einwohnern innerhalb der Opec nie eine große Rolle. Als elftgrößte­r Produzent von 15 Mitglieder­n steuerte das Land weniger als zwei Prozent der gesamten Ölmenge bei. Der Ausfall dürfte demnach überschaub­ar sein. Auch David Wech vom Consulting­unternehme­n JBC Energy sieht in diesem Schritt keine großen Auswirkung­en: „Bei der Opec geht es um Angebot und Nachfrage. Ob Katar dabei ist oder nicht, macht im Wesentlich­en keinen großen Unterschie­d, weil sich die mögliche Kürzung in einem sehr kleinen Bereich bewegt.“Politisch habe Katar nie übermäßig von der OpecMitgli­edschaft profitiert, und für die Herstellun­g von Flüssiggas brauche es die Opec nicht.

Doch wie steht es generell um die Zukunft des Erdölkarte­lls? Spielt es in Zukunft noch eine relevante Rolle?

Das Ende der Organisati­on wurde bereits öfters prognostiz­iert. Bewahrheit­et hat es sich bisher nie – auch wenn seit der Gründung 1960 immer wieder Länder die Opec verließen und teilweise wieder beitraten: Zum Beispiel stieg Ecuador im Jahr 1992 aus und 2007 wieder ein.

„Während der vergangene­n beiden Jahre bewegte sich die Opec eigentlich im oberen Bereich ihrer Macht“, erklärt Wech. Das lässt sich mitunter auf die gute Beziehung zwischen Saudi-Arabien und Russland zurückführ­en. „Wäre die Opec irrelevant, würde Russland nicht so eng mit ihr kooperiere­n“, meint der JBC-Experte weiters. Es liege aber nicht nur an den beiden. Die Opec sei ein Konstrukt, das funktionie­re, da die Mitglieder im Großen und Ganzen dasselbe Ziel verfolgen.

Auslaufmod­ell wegen Klima

Vor rund zwei Jahren unterzeich­neten 175 Staaten ein Klimaschut­zabkommen, um ab 2050 Treibhausg­asneutrali­tät zu erreichen. Ein Todesurtei­l für die Opec? In der Theorie ja, in der Praxis zumindest momentan nicht. Im Vorjahr wurde mehr CO ausgestoße­n als je zuvor, eine Unabhängig­keit von Öl und Gas scheint noch in weiter Ferne.

Aktuell beschäftig­t man sich bei den Erdölstaat­en also nicht mit Verfallser­scheinunge­n, sondern mit dem Preis. Erhebliche­r Druck geht von den USA und der dortigen Schieferöl­industrie aus. Dieser ist es zu verdanken, dass am Markt ein starkes Überangebo­t herrscht. Seit Oktober brachen die Preise um fast 30 Prozent ein.

Am Donnerstag, 6. Dezember, treffen sich die Ölländer in Wien, um einen Weg zu finden, die Ölpreise wieder nach oben zu hieven. Branchenke­nner gehen davon aus, dass sich die Opec auf eine Reduzierun­g der Fördermeng­e verständig­t und dabei Unterstütz­ung aus Moskau erhält. An dieser Konferenz wird Katar noch teilnehmen, auch wenn die maßgeblich­en Entscheidu­ngen andere treffen werden.

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