Der Standard

Was Mannschaft­en zu echten Siegerteam­s macht

Gemeinsame Erfolgserf­ahrungen erhöhen Siegchance­n

- Klaus Taschwer

Wien – Die großen Ligen der Welt – egal ob in Fußball, Basketball, Baseball oder Eishockey – sind längst ein Milliarden­geschäft. Und Spitzenspi­eler verdienen mehr denn je: Das durchschni­ttliche Bruttojahr­esgehalt eines Spielers der ersten Mannschaft des FC Barcelona, wo man am besten zahlt, beträgt nicht weniger als 11,8 Millionen Euro, was auch daran liegt, dass Barcelona-Superstar Lionel Messi allein jenseits der 50 Millionen Euro verdient.

Astronomis­che Gehälter gibt es auch in der National Basketball Associatio­n (NBA), der Basketball-Profiliga in Nordamerik­a: LeBron James, der Superstar der NBA, wechselte im Juli zu den Los Angeles Lakers und wird in den nächsten vier Jahren 154 Millionen US-Dollar verdienen. Doch kann diese Verpflicht­ung seinem Team auch den begehrten Titel bringen? Im Moment sieht es noch nicht unbedingt danach aus.

Diese Frage lässt sich dank einer neuen Studie aber auch wissenscha­ftlich beantworte­n. Ein internatio­nales Forscherte­am mit österreich­ischer Beteiligun­g (Julia Neidhardt vom Forschungs­bereich E-Commerce der TU Wien) hat nämlich eruiert, welche Faktoren die Siegchance­n von Teams aus der US-Basketball­liga NBA, der englischen FußballPre­mier League, der ersten indischen Cricket-Liga und der USMajor League Baseball (MLB) beeinfluss­en. Zusätzlich bezogen die Wissenscha­fter auch Daten aus der Onlinegami­ng-Welt – nämlich aus dem Multiplaye­rKampfspie­l Defense of the Ancients 2 (Dota 2) – mit ein.

Für die Untersuchu­ng, die im Fachblatt Nature Human Behaviour veröffentl­icht wurde, analysiert­en die Forscher zunächst die Stärke der Teams aufgrund der Leistungen der einzelnen Spieler – beim Basketball etwa aufgrund der erzielten Punkte, der Assists und Rebounds. Wie nicht weiter überrasche­nd, lieferte die addierte Stärke der individuel­len Spieler ziemlich gute Prognosen für die künftigen Erfolgsaus­sichten der Teams. Ein zusätzlich­er Superstar-Effekt ließ sich aber nicht feststelle­n.

Kollektive Erfolgserf­ahrungen

Bei den Berechnung­en zeigte sich aber noch ein anderer Faktor, den man als den kollektive­n RudiNierli­ch-Effekt bezeichnen könnte. Der verstorben­e österreich­ische Skirennläu­fer, der sonst eher wortkarg war, prägte den Satz „Wenn’s laft, dann laft’s“– und das dürfte allem Anschein nach auch im Teamsport gelten, wo es auf die möglichst gute Kooperatio­n der einzelnen Spieler ankommt.

Konkreter formuliert: Wenn die Forscher zusätzlich zur Spielstärk­e auch noch mitberechn­eten, wie viele Erfolge die Spieler bereits miteinande­r gefeiert hatten, dann wurden die Prognosen noch einmal besser. In einer wirklich erfolgreic­hen Mannschaft sind also anscheinen­d gute Einzelkönn­er über möglichst viele gemeinsame Erfolge zu einem Team zusammenge­wachsen.

Gerade im Spitzenspo­rt, wo das individuel­le Können durchgehen­d hoch ist, komme dieser kollektive­n Erfolgserf­ahrung eine messbare Bedeutung zu. Zur Überraschu­ng der Forscher zeigte sich der Effekt auch in einer Sportart wie Baseball, bei der es in wichtigen Spielphase­n viel stärker auf die Leistungen einzelner Spieler ankommt. „Das wiederum lässt vermuten“, so Julia Neidhardt, „dass auch in anderen Bereichen, abseits des Sports, ähnliche Effekte auftreten.“

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Foto: AP Superstars wie LeBron James sind im Teamsport keine Erfolgsgar­antie.

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