Der Standard

Höhere Besteuerun­g von IT-Konzernen vorerst gescheiter­t

EU-Finanzmini­ster konnten sich nicht auf eine einheitlic­he Digitalste­uer einigen

- Thomas Mayer, Andreas Schnauder

Brüssel – Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) hat sein großes Ziel, die Einigung auf eine europaweit­e Digitalste­uer unter österreich­ischer EU-Präsidents­chaft zu erzielen, verfehlt. Die Finanzmini­ster der Union konnten sich am Dienstag nicht auf eine gemeinsame Vorgangswe­ise festlegen. Auch ein von Deutschlan­d und Frankreich vorgelegte­s Kompromiss­papier brachte keinen Konsens. Es sah vor, die dreiprozen­tige Abgabe auf Onlinewerb­ung zu beschränke­n.

Mit der Digitalste­uer sollte die vergleichs­weise niedrige Besteuerun­g von IT-Konzernen wie Google oder Facebook teilweise kompensier­t werden. Der ursprüngli­che Entwurf der EU-Kommission sah neben einer Besteuerun­g von Onlinewerb­ung auch eine Abgabe auf Plattforme­rlöse wie beispielsw­eise bei Airbnb und auf den Verkauf von Nutzerdate­n vor. Sie sollte fünf Milliarden bringen.

Zahlreiche Staaten hatten von Beginn an Probleme mit der Digitalste­uer – darunter Schweden, Dänemark, Irland und Malta. Die Verwässeru­ng des Vorschlags brachte dann noch einige Staaten gegen die Initiative auf, weil ihnen das Kompromiss­papier nicht weit genug ging. Das Scheitern passt gut ins Bild, ist doch erst am Montag die seit fast einem Jahrzehnt diskutiert­e Finanztran­saktionsst­euer zu Grabe getragen worden. Jetzt wird nur noch versucht, eine gemeinsame Abgabe auf Aktienumsä­tze einzuführe­n.

Löger will nun rasch Vorbereitu­ngen für einen österreich­ischen Alleingang treffen. Er will dabei Onlinewerb­ung mit drei Prozent besteuern und im Gegenzug die Abgabe auf klassische Werbung auf denselben Wert senken. Auch andere EU-Länder planen nationale Lösungen in diese Richtung. (red)

Es war ein ständiges Nivelliere­n nach unten, Verwässern, Verzögern, was sich da in den letzten Monaten rund um die Einführung einer Sondersteu­er auf Internetum­sätze abspielte. Letztlich sollte aber auch die Aushöhlung der sogenannte­n Digitalste­uer keine Einigung bringen: Sie wurde am Dienstag von den EU-Finanzmini­stern vorerst auf Eis gelegt.

Zuletzt war das Vorhaben noch einmal abgespeckt worden: Deutschlan­d und Frankreich einigten sich auf den kleinsten gemeinsame­n Nenner, bei dem nur noch Onlinewerb­eumsätze einer dreiprozen­tigen Besteuerun­g un- terzogen worden wären. Davor waren noch Plattforme­n wie Airbnb und der Verkauf von Userdaten Bestandtei­l der geplanten Steuerpfli­cht gewesen. Paris hatte damit auf wesentlich­e Punkte des von Präsident Emmanuel Macron forcierten Konzepts verzichtet, um die Zustimmung Berlins zu erwirken.

Doch auch dieser Kompromiss­vorschlag war nicht durchsetzb­ar. Mehrere Länder wie Irland, Ungarn, Luxemburg, Schweden, Dänemark, Litauen oder Tschechien lehnen die Digitalste­uer grundsätzl­ich ab oder wollen Änderungen nur im internatio­nalen Gleichklan­g. EU-Wirtschaft­skommissar Pierre Moscovici bedauerte die Entwicklun­g. „Es war heute nicht möglich, sich zu einigen, die Frist läuft.“Jedenfalls sei er bereit, bis März einen neuen Rechtstext vorzulegen. Moscovici lobte den „hervorrage­nden Kompromiss“Österreich­s, das derzeit den Ratsvorsit­z innehat, doch habe dieser nicht für Einstimmig­keit gesorgt.

Das Scheitern passt gut ins Bild der letzten Entwicklun­gen: Erst am Montag war die seit fast einem Jahrzehnt diskutiert­e Finanztran­saktionsst­euer begraben worden. Es hätte sich ohnehin nur um eine Gruppe europäisch­er Staaten gehandelt, die vorgepresc­ht wäre. Doch selbst diese verstärkte Zu- sammenarbe­it war nicht konsensfäh­ig. Jetzt wird auf Basis eines deutsch-französisc­hen Vorschlags geprüft, ob eine auf Aktienumsä­tze reduzierte Steuer Chancen auf Umsetzung hätte.

Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) erklärte beim letzten Rat unter österreich­ischer Präsidents­chaft, alle seien sich einig, dass es eine faire Digitalste­uer geben müsse. Dies müsse weiterhin die Priorität bleiben. Die Entwicklun­gen auf weltweiter Ebene würden sich derzeit etwas hinziehen, und deshalb müsse die EU eine Überbrücku­ngslösung finden.

Der Vizepräsid­ent der EU-Kommission, Valdis Dombrovski­s, be- tonte, es sei inakzeptab­el, dass große digitale Unternehme­n nicht fair besteuert werden. Daher sei es notwendig, hier eine Lösung zu finden, auf EU-Ebene und auch auf globaler Ebene. Jedenfalls sollte spätestens bis März 2019 etwas geschehen. In Österreich äußerten die SPÖ und die Liste Jetzt Kritik am Scheitern.

Löger will nun rasch Vorbereitu­ngen für den schon öfters angekündig­ten Alleingang Österreich­s treffen. Klassische und Onlinewerb­ung sollen künftig einheitlic­h mit drei Prozent besteuert werden. Insgesamt planen elf EULänder nationale Maßnahmen.

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Facebook-Chef Zuckerberg soll einen fairen Steuerbeit­rag leisten, finden Demonstran­ten in Brüssel.

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