Höhere Besteuerung von IT-Konzernen vorerst gescheitert
EU-Finanzminister konnten sich nicht auf eine einheitliche Digitalsteuer einigen
Brüssel – Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hat sein großes Ziel, die Einigung auf eine europaweite Digitalsteuer unter österreichischer EU-Präsidentschaft zu erzielen, verfehlt. Die Finanzminister der Union konnten sich am Dienstag nicht auf eine gemeinsame Vorgangsweise festlegen. Auch ein von Deutschland und Frankreich vorgelegtes Kompromisspapier brachte keinen Konsens. Es sah vor, die dreiprozentige Abgabe auf Onlinewerbung zu beschränken.
Mit der Digitalsteuer sollte die vergleichsweise niedrige Besteuerung von IT-Konzernen wie Google oder Facebook teilweise kompensiert werden. Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission sah neben einer Besteuerung von Onlinewerbung auch eine Abgabe auf Plattformerlöse wie beispielsweise bei Airbnb und auf den Verkauf von Nutzerdaten vor. Sie sollte fünf Milliarden bringen.
Zahlreiche Staaten hatten von Beginn an Probleme mit der Digitalsteuer – darunter Schweden, Dänemark, Irland und Malta. Die Verwässerung des Vorschlags brachte dann noch einige Staaten gegen die Initiative auf, weil ihnen das Kompromisspapier nicht weit genug ging. Das Scheitern passt gut ins Bild, ist doch erst am Montag die seit fast einem Jahrzehnt diskutierte Finanztransaktionssteuer zu Grabe getragen worden. Jetzt wird nur noch versucht, eine gemeinsame Abgabe auf Aktienumsätze einzuführen.
Löger will nun rasch Vorbereitungen für einen österreichischen Alleingang treffen. Er will dabei Onlinewerbung mit drei Prozent besteuern und im Gegenzug die Abgabe auf klassische Werbung auf denselben Wert senken. Auch andere EU-Länder planen nationale Lösungen in diese Richtung. (red)
Es war ein ständiges Nivellieren nach unten, Verwässern, Verzögern, was sich da in den letzten Monaten rund um die Einführung einer Sondersteuer auf Internetumsätze abspielte. Letztlich sollte aber auch die Aushöhlung der sogenannten Digitalsteuer keine Einigung bringen: Sie wurde am Dienstag von den EU-Finanzministern vorerst auf Eis gelegt.
Zuletzt war das Vorhaben noch einmal abgespeckt worden: Deutschland und Frankreich einigten sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, bei dem nur noch Onlinewerbeumsätze einer dreiprozentigen Besteuerung un- terzogen worden wären. Davor waren noch Plattformen wie Airbnb und der Verkauf von Userdaten Bestandteil der geplanten Steuerpflicht gewesen. Paris hatte damit auf wesentliche Punkte des von Präsident Emmanuel Macron forcierten Konzepts verzichtet, um die Zustimmung Berlins zu erwirken.
Doch auch dieser Kompromissvorschlag war nicht durchsetzbar. Mehrere Länder wie Irland, Ungarn, Luxemburg, Schweden, Dänemark, Litauen oder Tschechien lehnen die Digitalsteuer grundsätzlich ab oder wollen Änderungen nur im internationalen Gleichklang. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bedauerte die Entwicklung. „Es war heute nicht möglich, sich zu einigen, die Frist läuft.“Jedenfalls sei er bereit, bis März einen neuen Rechtstext vorzulegen. Moscovici lobte den „hervorragenden Kompromiss“Österreichs, das derzeit den Ratsvorsitz innehat, doch habe dieser nicht für Einstimmigkeit gesorgt.
Das Scheitern passt gut ins Bild der letzten Entwicklungen: Erst am Montag war die seit fast einem Jahrzehnt diskutierte Finanztransaktionssteuer begraben worden. Es hätte sich ohnehin nur um eine Gruppe europäischer Staaten gehandelt, die vorgeprescht wäre. Doch selbst diese verstärkte Zu- sammenarbeit war nicht konsensfähig. Jetzt wird auf Basis eines deutsch-französischen Vorschlags geprüft, ob eine auf Aktienumsätze reduzierte Steuer Chancen auf Umsetzung hätte.
Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) erklärte beim letzten Rat unter österreichischer Präsidentschaft, alle seien sich einig, dass es eine faire Digitalsteuer geben müsse. Dies müsse weiterhin die Priorität bleiben. Die Entwicklungen auf weltweiter Ebene würden sich derzeit etwas hinziehen, und deshalb müsse die EU eine Überbrückungslösung finden.
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, be- tonte, es sei inakzeptabel, dass große digitale Unternehmen nicht fair besteuert werden. Daher sei es notwendig, hier eine Lösung zu finden, auf EU-Ebene und auch auf globaler Ebene. Jedenfalls sollte spätestens bis März 2019 etwas geschehen. In Österreich äußerten die SPÖ und die Liste Jetzt Kritik am Scheitern.
Löger will nun rasch Vorbereitungen für den schon öfters angekündigten Alleingang Österreichs treffen. Klassische und Onlinewerbung sollen künftig einheitlich mit drei Prozent besteuert werden. Insgesamt planen elf EULänder nationale Maßnahmen.