Voll des Lobes
Nach einem gemeinsamen Jahr in der Bundesregierung sind Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache voll des Lobes füreinander und für die hinter ihnen liegende Arbeit. Differenzen gibt es bei Gottfried Waldhäusl.
Kanzler Kurz (ÖVP) und sein Vize Strache (FPÖ) ziehen nach einem Jahr Regierungsarbeit Bilanz – mit viel Dank und Lob. Einzig in der Causa Waldhäusl ist man sich nicht einig.
Kanzler und Vizekanzler ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie einander gut verstehen. Und wie gut sie einander verstehen. Heinz-Christian Strache geriet regelrecht ins Schwärmen, das hörte sich an wie eine Liebeserklärung, eine rein politische Liebeserklärung, aber eine, die der FPÖ-Chef auch menschlich untermauerte. Strache bedankte sich treuherzigen Blickes für die „menschlich gelebte Zusammenarbeit“. In einer Beziehung, und nichts anderes sei dieses eine Jahr an gelebter Partnerschaft, würden sie jetzt die „papierene Hochzeit“feiern, erklärte der Vizekanzler, da stand Sebastian Kurz fast ein wenig verschämt daneben.
Aber dem Vizekanzler geht es gut, das sieht man, abgenommen hat er, gesund schaut er aus, und als er voller Überschwang den Journalisten erklärte, „wie Sie sehen, sind wir auch jünger geworden“, da freute sich auch der Bundeskanzler, obwohl er mit seinen 32 Jahren ohnedies deutlich jünger ist als der Vizekanzler, der nächstes Jahr seinen 50er feiern wird.
Partnerschaftlich sei ihr Verhältnis, respektvoll und auf Augenhöhe, schwärmte Strache, und dennoch drängte sich in dieser etwas verfrühten Bilanzpressekonferenz zu einem Jahr türkisblauer Regierung immer wieder ein Thema in den Vordergrund, bei dem Kurz und Strache anderer Meinung sind: das Thema Gottfried Waldhäusl in Niederösterreich – das ist jener Landesrat, der in Drasenhofen ein gefängnisähnliches Quartier für jugendliche Flüchtlinge errichten ließ. Das ist mittlerweile auch den deutschen Journalisten zu Ohren gekommen, die die eine und andere Frage in diese Richtung stellten. Und auch zu der CEU-Universität von George Soros, die von Budapest nach Wien übersiedeln soll, gibt es unterschiedliche Meinungen von Kurz und Strache, wie sich herausstellen sollte.
Aber auch der Kanzler dankte nicht nur den Menschen da draußen, die ihn und die Regierung unterstützten und alle Reformen so willig mittrügen, er richtete das Wort auch direkt an den neben ihm stehenden Vizekanzler, bedankte sich „ganz herzlich“, wenn auch nicht ganz so schwungvoll wie der Vizekanzler.
Zurück an die Spitze
Im Übrigen war es ein anstrengendes Jahr, erklärte Kurz, aber eines, das sich lohnte. „Es ist wunderschön, Österreich dienen zu dürfen.“Und dieses Österreich sei immer noch eine „Insel der Seligen“, jetzt noch mehr, denn dass Österreich so gut dastehe, sei keine Selbstverständlichkeit, sondern dieser Bundesregierung zu verdanken. Kurz: „Ich bin angetreten, um Österreich zurück an die Spitze zu führen.“Und das sei, so sind sich Kanzler und Vizekanzler bei dieser Pressekonferenz im Dachfoyer der Hofburg einig, doch ganz gut gelungen. Das Budget sei ausgeglichen, an Reformen werden jene der Sozialversicherung, der Mindestsicherung und der Arbeitszeitflexibilisierung aufgezählt, die Migrationsfrage wird nur kurz angeschnitten, das wundert vor allem die Medienleute aus Deutschland, die sich offenbar mehr erwartet hatten. Aber Kurz sagt nur: „Wir setzen auf Ordnung statt auf Chaos.“
Bei den Journalistenfragen kommt dann immer wieder Waldhäusl, FPÖ-Landesrat in Niederösterreich und dort auch für Asylfragen zuständig. Nicht nur, dass Kurz „Landhäusl“statt Waldhäusl sagt, der Vizekanzler muss ihn auch sonst korrigieren: Kurz stellte sich klar auf die Seite von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die das Asylquartier für Minderjährige in Drasenhofen schließen ließ, weil es einem Gefängnis glich. Mikl-Leitner habe „recht und richtig agiert“, wie Kurz mehrfach und knapp angebunden betont. Strache hingegen hält mit seiner Kritik an Mikl-Leitner nicht hinterm Berg, sie habe sich eingemischt, auf Zuruf der Medien und voreilig gehandelt. Es sei unrichtig, dass die Freiheit der dort hinter einem Stacheldrahtzaun untergebrachten Jugendlichen beeinträchtigt gewesen sei. Im Übrigen seien diese Jugendlichen „nicht alle unbedingt anständig gewesen“, betonte Strache. Er stehe jedenfalls klar auf der Seite von Waldhäusl, und das ist, wenn schon nicht ein Streitpunkt mit Kurz, dann doch einer mit Mikl-Leitner.
Dass die österreichische Regierung im Time Magazine eher schlecht wegkommt, nehmen weder Kanzler noch Vizekanzler sonderlich ernst, und Strache relativiert: „Dort wird auch über den amerikanischen Präsidenten nicht so positiv berichtet.“