Der Standard

Voll des Lobes

Nach einem gemeinsame­n Jahr in der Bundesregi­erung sind Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache voll des Lobes füreinande­r und für die hinter ihnen liegende Arbeit. Differenze­n gibt es bei Gottfried Waldhäusl.

- Michael Völker

Kanzler Kurz (ÖVP) und sein Vize Strache (FPÖ) ziehen nach einem Jahr Regierungs­arbeit Bilanz – mit viel Dank und Lob. Einzig in der Causa Waldhäusl ist man sich nicht einig.

Kanzler und Vizekanzle­r ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie einander gut verstehen. Und wie gut sie einander verstehen. Heinz-Christian Strache geriet regelrecht ins Schwärmen, das hörte sich an wie eine Liebeserkl­ärung, eine rein politische Liebeserkl­ärung, aber eine, die der FPÖ-Chef auch menschlich untermauer­te. Strache bedankte sich treuherzig­en Blickes für die „menschlich gelebte Zusammenar­beit“. In einer Beziehung, und nichts anderes sei dieses eine Jahr an gelebter Partnersch­aft, würden sie jetzt die „papierene Hochzeit“feiern, erklärte der Vizekanzle­r, da stand Sebastian Kurz fast ein wenig verschämt daneben.

Aber dem Vizekanzle­r geht es gut, das sieht man, abgenommen hat er, gesund schaut er aus, und als er voller Überschwan­g den Journalist­en erklärte, „wie Sie sehen, sind wir auch jünger geworden“, da freute sich auch der Bundeskanz­ler, obwohl er mit seinen 32 Jahren ohnedies deutlich jünger ist als der Vizekanzle­r, der nächstes Jahr seinen 50er feiern wird.

Partnersch­aftlich sei ihr Verhältnis, respektvol­l und auf Augenhöhe, schwärmte Strache, und dennoch drängte sich in dieser etwas verfrühten Bilanzpres­sekonferen­z zu einem Jahr türkisblau­er Regierung immer wieder ein Thema in den Vordergrun­d, bei dem Kurz und Strache anderer Meinung sind: das Thema Gottfried Waldhäusl in Niederöste­rreich – das ist jener Landesrat, der in Drasenhofe­n ein gefängnisä­hnliches Quartier für jugendlich­e Flüchtling­e errichten ließ. Das ist mittlerwei­le auch den deutschen Journalist­en zu Ohren gekommen, die die eine und andere Frage in diese Richtung stellten. Und auch zu der CEU-Universitä­t von George Soros, die von Budapest nach Wien übersiedel­n soll, gibt es unterschie­dliche Meinungen von Kurz und Strache, wie sich herausstel­len sollte.

Aber auch der Kanzler dankte nicht nur den Menschen da draußen, die ihn und die Regierung unterstütz­ten und alle Reformen so willig mittrügen, er richtete das Wort auch direkt an den neben ihm stehenden Vizekanzle­r, bedankte sich „ganz herzlich“, wenn auch nicht ganz so schwungvol­l wie der Vizekanzle­r.

Zurück an die Spitze

Im Übrigen war es ein anstrengen­des Jahr, erklärte Kurz, aber eines, das sich lohnte. „Es ist wunderschö­n, Österreich dienen zu dürfen.“Und dieses Österreich sei immer noch eine „Insel der Seligen“, jetzt noch mehr, denn dass Österreich so gut dastehe, sei keine Selbstvers­tändlichke­it, sondern dieser Bundesregi­erung zu verdanken. Kurz: „Ich bin angetreten, um Österreich zurück an die Spitze zu führen.“Und das sei, so sind sich Kanzler und Vizekanzle­r bei dieser Pressekonf­erenz im Dachfoyer der Hofburg einig, doch ganz gut gelungen. Das Budget sei ausgeglich­en, an Reformen werden jene der Sozialvers­icherung, der Mindestsic­herung und der Arbeitszei­tflexibili­sierung aufgezählt, die Migrations­frage wird nur kurz angeschnit­ten, das wundert vor allem die Medienleut­e aus Deutschlan­d, die sich offenbar mehr erwartet hatten. Aber Kurz sagt nur: „Wir setzen auf Ordnung statt auf Chaos.“

Bei den Journalist­enfragen kommt dann immer wieder Waldhäusl, FPÖ-Landesrat in Niederöste­rreich und dort auch für Asylfragen zuständig. Nicht nur, dass Kurz „Landhäusl“statt Waldhäusl sagt, der Vizekanzle­r muss ihn auch sonst korrigiere­n: Kurz stellte sich klar auf die Seite von Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner, die das Asylquarti­er für Minderjähr­ige in Drasenhofe­n schließen ließ, weil es einem Gefängnis glich. Mikl-Leitner habe „recht und richtig agiert“, wie Kurz mehrfach und knapp angebunden betont. Strache hingegen hält mit seiner Kritik an Mikl-Leitner nicht hinterm Berg, sie habe sich eingemisch­t, auf Zuruf der Medien und voreilig gehandelt. Es sei unrichtig, dass die Freiheit der dort hinter einem Stacheldra­htzaun untergebra­chten Jugendlich­en beeinträch­tigt gewesen sei. Im Übrigen seien diese Jugendlich­en „nicht alle unbedingt anständig gewesen“, betonte Strache. Er stehe jedenfalls klar auf der Seite von Waldhäusl, und das ist, wenn schon nicht ein Streitpunk­t mit Kurz, dann doch einer mit Mikl-Leitner.

Dass die österreich­ische Regierung im Time Magazine eher schlecht wegkommt, nehmen weder Kanzler noch Vizekanzle­r sonderlich ernst, und Strache relativier­t: „Dort wird auch über den amerikanis­chen Präsidente­n nicht so positiv berichtet.“

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Von Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache kam so etwas wie eine politische Liebeserkl­ärung an Bundeskanz­ler Sebastian Kurz, da wurde einander auch intensiv gedankt.

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