Gesuchte deutsche Rechtsextreme flohen nach Österreich
Einige von ihnen sind nach Österreich geflohen – In Chemnitz sorgt ein „Kopfgeld“für Demo-Teilnehmer für Aufsehen
Berlin – Mit Ende September waren in Deutschland 467 Rechtsextremisten auf freiem Fuß, obwohl ein Haftbefehl gegen sie vorliegt. Nach ihnen wird gefahndet. Das geht aus einer Antwort des deutschen Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervor. Bei fast jedem Vierten handelt es sich dabei um einen bekannten Gewalttäter. Einige der gesuchten Rechtsextremisten haben sich inzwischen ins Ausland abgesetzt. Von den Neonazis, gegen die seit mehr als einem halben Jahr ein Haftbefehl vorliegt, haben nach Angaben des Innenministeriums 29 nachweislich Deutschland verlassen. Viele sollen sich in Österreich, Polen, Tschechien und Italien aufhalten. (red)
Berlin/Chemnitz – Hunderte Rechtsextreme sind in Deutschland auf freiem Fuß, obwohl Haftbefehle gegen sie vorliegen. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Linken am Dienstag hervor.
Demnach wurde Ende September nach 467 Rechtsextremisten per Haftbefehl gefahndet, ohne dass die Sicherheitsbehörden die Beschuldigten auffinden konnten. Nur 108 von ihnen wurden allerdings wegen politisch motivierter Delikte gesucht.
„Die Sicherheitsbehörden müssen sich endlich einmal etwas einfallen lassen, um der flüchtigen Nazis schneller habhaft zu werden“, forderte Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der Linken. Es sei beunruhigend, „dass es einer dreistelligen Zahl von Neonazis gelingt, sich seit 2017 oder noch länger der Festnahme zu entziehen“.
110 der 467 gesuchten Rechtsextremisten sind bei den Behörden als „gewalttätig“verzeichnet, nach 99 Neonazis wurde ausdrücklich wegen Gewaltdelikten gefahndet.
Einige der gesuchten Rechtsextremisten haben sich inzwischen ins Ausland abgesetzt. Von den Neonazis, gegen die seit mehr als einem halben Jahr ein Haftbefehl vorliegt, haben nach Angaben des Innenministeriums 29 das Land verlassen. Die meisten halten sich demnach in Österreich, Polen, Tschechien und Italien auf. Bei der Frage, ob die Gesuchten aktiv untergetaucht seien, hält sich das Ministerium jedoch bedeckt: Das könne oftmals erst nach „Auffinden der Personen fundiert eingeschätzt werden.“
Suche nach Demonstranten
In Chemnitz sorgt das „Zentrum für Politische Schönheit“mit einer provokanten Aktion für Debatten. Die Gruppe stellte eine Webseite namens „Soko Chemnitz“online, durch die rund 7000 Demo-Teilnehmer identifiziert werden sollen, die vor einigen Monaten für europaweite Aufmerksamkeit gesorgt hatten.
Nutzer können Hinweise zur Identität der gezeigten Demo-Teilnehmer einschicken, teilweise wird ein Kopfgeld ausgesetzt. „Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten und kassieren Sie Sofort-Bargeld. Helfen Sie uns, die entsprechenden Problemdeutschen aus der Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst zu entfernen“, heißt es dazu auf der Webseite.
Der „Online-Pranger“sorgt für Kritik. Das Jüdische Forum hat rechtliche Schritte eingeleitet, weil dessen Bilder verwendet wurden. Datenschutzbeauftragte prüfen. Auch die Landesregierung in Sachsen hat rechtliche Schritte eingeleitet. Außerdem lieferte sich das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) ein Scharmützel mit der Polizei, die sich etwa darüber beschwerte, dass ihre Telefonnummer angegeben wurde. Außerdem beschlagnahmte die Polizei offenbar Gegenstände des ZPS. Die AfD forderte die Löschung der Seite.
Die Demos in Chemnitz waren eine Reaktion auf den Mord an einem Einwohner durch Asylwerber. Es gibt starke Hinweise, dass rechtsextreme und neonazistische Gruppen mobilmachten, um aufzumarschieren. (dpa, red)